BVerfG: BND-Kontrolle durch Ehrenamtler ist verfassungswidrig
Zu den Hauptaufgaben des Bundesnachrichtendienstes (BND) gehört seit jeher die "strategische Fernmeldeüberwachung". Datenströme aus der Telekommunikation werden dem BND heimlich zugeleitet und dort systematisch mit Suchbegriffen durchforstet. Die Beteiligten erfahren von der Überwachung des E-Mail-Verkehrs in aller Regel nicht. Das BVerfG hat diese Form der Inland-Ausland-Überwachung jetzt für teilweise verfassungswidrig erklärt (Beschluss v. 8.10.2024, 1 BvR 1743/16 und 1 BvR 2539/16). Eine der beiden Verfassungsbeschwerden, über die das BVerfG entschieden hat, wurde von HÄRTING Rechtsanwälte erwirkt.
Wieder einmal hat das BVerfG dem Gesetzgeber Hausaufgaben erteilt. Besonders folgenreich: Karlsruhe erachtet die Kontrolle der BND-Überwachung durch die G10-Kommission für unzureichend und fordert eine Professionalisierung der Kontrolle. Kontrolle im Ehrenamt darf es in Zukunft nicht mehr geben und es wird für die Kontrolleure auch nicht mehr ausreichend sein, dass Volljuristen in der G10-Kommission vertreten sind. Das BVerfG verlangt "eine richterliche Perspektive", die sich nur durch "Mitglieder mit richterlicher Erfahrung" gewährleisten lässt (Rz. 208 und 209).
Bei der Überwachung der Telekommunikation durch die Geheimdienste ist der Rechtsweg weitgehend ausgeschlossen. Art. 19 Abs. 4 und Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG lassen dies mit der Maßgabe zu, dass es ersatzweise eine "Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane" geben muss. Für eine solche Nachprüfung ist die G10-Kommission zuständig, die nach § 15 Abs. 4 G10-Gesetz nur "mindestens einmal im Monat" zusammenkommt und aus gerade einmal fünf Ehrenamtlern nebst Stellvertretern besteht (§ 15 Abs. 1 Satz 3 G10-Gesetz). Dass eine solche Kontrolle völlig unzureichend ist und nicht im Entferntesten eine Überpüfung ermöglicht, die einer gerichtlichen Kontrolle gleichkommt, wird schon seit langem heftig kritisiert. Eine Kritik, der sich das BVerfG jetzt mit klaren Worten angeschlossen hat. Der Bundestag wird gesetzliche Grundlagen für eine Professionalisierung der BND-Kontrolle schaffen müssen.
Eine gute Nachricht für die Bürgerrechte, zumal Karlsruhe auch weitere Nachbesserungen verlangt. Als Auslandsgeheimdienst darf der BND keine inländische Kommunikation überwachen. Daher verlangt das BVerfG gesetzliche Maßgaben, die eine Aussonderung von Inlandskommunikation gewährleisten. Zudem hält Karlsruhe die Regelungen zu Protokollierungs- und Löschpflichten und Schutz des Kernbereichs der Privatsphäre für unzureichend.