16.10.2023

Krasses Fehlurteil: Haben Informationen über ein "mittelalterliches Kellergewölbe" Personenbezug?

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Niko Härting

In einer brandenburgischen Stadt befindet sich ein "mittelalterliches Kellergewölbe", das unter Denkmalschutz steht. Der frischgebackene Eigentümer des Grundstücks wollte dort bauen, die Denkmalschutzbehörde verweigerte die Erlaubnis, es kam zur Rückabwicklung des Kaufvertrags und einem jahrelangen Streit. Der Ex-Eigentümer beantragte Einsicht in die Denkmalakte. Die Einsicht wurde verweigert. Begründung: "Datenschutz".

Zu Recht, meint das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder (Urt. v. 29.7.2023, Az. 2 K 1199/18): Die brandenburgischen Richter vertreten ernsthaft die Auffassung, alle Daten in der denkmalrechtlichen Akte hätten einen Bezug zur Person des jetzigen Eigentümers, sodass eine Akteneinsicht wegen des "Schutzes überwiegender privater Interessen" nicht in Betracht komme (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg, AIG).

Wenn man das Datenschutzrecht schon etwas länger kennt, muss man doch sehr staunen. Informationen über ein "mittelalterliches Kellergewölbe" sind Sachdaten. Und Sachdaten waren einst der Gegenbegriff zu Personendaten. Dass für Sachdaten das Datenschutzrecht nicht galt, war jedenfalls noch 2006 eine Selbstverständlichkeit, die man nicht einmal mit einer Fußnote belegen musste:

"§ 3 BDSG, der zahlreiche Begriffsbestimmungen enthält, definiert in seinem Abs 1 personenbezogene Daten als 'Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener)'. Es muss sich um Angaben handeln, die Informationen über den Betroffenen selbst (zB Name, Titel, Anschrift, Familienstand, Geburtsdatum, Konfession, Beruf, Einkommen, Zahlungsgewohnheiten etc) oder über einen auf ihn beziehbaren Sachverhalt (zB Grundbesitz) geben. Die Legaldefinition wird weit verstanden und umfasst alle Angaben, die etwas über die Bezugsperson aussagen, Werturteile eingeschlossen. Nicht erfasst sind anonyme Daten (siehe zum Begriff § 3 Absatz VI BDSG) und Sachdaten."

(Lang, Einführung in das Datenschutzrecht, JA 2006, 395, 396)

Ganz anders das VG Frankfurt (Oder), aaO, Rn. 31:

"Da die streitgegenständlichen Informationen in der Akte das Grundstück C... betreffen, handelt es sich um Informationen, die sich auf eine identifizierte Person in Gestalt der dem Kläger nachfolgenden Erwerbers des Grundstücks beziehen und somit um personenbezogene Daten."

Das Datenschutzrecht wird bei einer solchen Lesart uferlos. Denn jedes Grundstück und jeder Gegenstand hat einen Eigentümer. Dies allein heißt jedoch noch lange nicht, dass alle Informationen über das Grundstück zugleich Informationen über den Eigentümer sind. "Das Fahrzeug ist grün", "Der Pullover hat Streifen", "Das Grundstück liegt an einem See", "Das Gewölbe stammt aus dem Mittelalter": All dies sind Informationen über eine Sache, die keinerlei Aussagen über den Eigentümer beinhalten. Dass sich ein Zusammenhang zu dem Eigentümer herstellen lässt, heißt noch lange nicht, dass sich die Beschreibungen auch auf diesen Eigentümer "beziehen".

Ein krasses Fehlurteil also, das allerdings durchaus im Trend liegt. Denn "der Datenschutz" wird täglich mehr zur Universalausrede, um Auskünfte, Informationen, Transparenz zu verweigern. Und da überrascht es nur noch am Rande, dass das Gericht in Frankfurt (Oder) nicht einmal geprüft hat, ob es "berechtigte Interessen" für die Akteneinsicht gab (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AIG). Je uferloser und konturloser das Datenschutzrecht angewendet wird, desto weniger lässt sich vermitteln, dass das Datenschutzrecht kein bürokratisches Monstrum ist, sondern dem Grundrechtsschutz dient.

 

 

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