21.08.2015

Kundendaten beim Unternehmenskauf: Was sich zur Rechtslage sagen lässt. Und was nicht.

Portrait von Niko Härting
Niko Härting

Beim Unternehmenskauf ist der Kundenstamm ein äußerst bedeutsamer Wert. Der Käufer setzt darauf, die Kundenbeziehungen fortzuführen. Dies geht nicht ohne Kundendaten.

Ansatz der BayLDA

Glaubt man der bayerischen Datenschutzbehörde, lassen sich bei einem Unternehmenskauf die Kundendaten nicht ohne Weiteres mit veräußern. Man müsse vielmehr in aller Regel jeden einzelnen Kunden um Erlaubnis fragen ("Verstärkte Durchsetzung des Datenschutzes für Kundendaten bei Asset Deals", CRonline News v. 21.8.2015). Dies ist allerdings nicht nur lebensfremd. Die bayerischen Datenschützer übersehen vielmehr, dass die Rechtslage alles andere als eindeutig ist.

  • Differenzierung

Glaubt man den bayerischen Datenschützern, so ist die Übernahme der Kundendaten nur dann kein Problem, wenn es sich um einen "Share Deal" handelt. Bei einem "Asset Deal" führe indes kein weg an einer Einwilligung jedes einzelnen Kunden vorbei.

  • An einem Beispiel erläutert, heißt dies:

Wenn Amazon die Anteile eines deutschen Online-Shops kauft ("Share Deal"), um den Shop in eigener Regie fortzuführen, dürfen die Kundendaten uneingeschränkt weitergenutzt werden. Kauft Amazon dagegen keine Anteile, sondern den Shop ("Asset Deal"), droht ein saftiges Bußgeld.

Kein normaler Mensch wird dies verstehen.

Datenschutzrechtliche Regeln für Asset Deals

Ob Kundendaten bei einem "Asset Deal" ohne Einwilligung der Kunden mit veräußert werden dürfen, bestimmt sich nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG. Danach ist die Weitergabe von Kundendaten zulässig, wenn sie

"zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt." (Hervorhebung nicht im Original)

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Notwendige Interessenabwägung

Es kommt somit auf eine Interessenabwägung an. Zu fragen ist, ob die Kunden schutzwürdige Interessen haben, die gewichtiger sind als die Interessen des Käufers an einer Übernahme der Kundendatenbank.

  • Abwägungskriterien?

Welche konkreten Maßstäbe bei einem Unternehmenskauf für die Interessenabwägung gelten, ist völlig ungeklärt.  Wenn die bayerischen Datenschützer in ihrer Pressemitteilung den Eindruck vermitteln, dass die Rechtslage klar sei, ist dies völlig haltlos. Man kann nur hoffen, dass die Unternehmen. gegen die Bußgeldbescheide verhängt worden sind, den Rechtsweg beschreiten, um die Rechtlage gerichtlich klären zu lassen.

  • Regelmäßiges Überwiegen unternehmerischer Interessen

Vieles spricht im Übrigen dafür, dass sich aus einer Abwägung der unternehmerischen Interessen mit den Kundeninteressen im Normalfall ein Überwiegen der unternehmerischen Interessen ergibt. Dies hat zur Folge, dass Kundendaten veräußert mit werden dürfen, ohne dass es einer Einwilligung der Kunden bedarf (so auch Plath in Plath, BDSG 2013, § 28, Rz. 68; Schaffland, NJW 2002, 1539, 1541).

Übergang der Newsletter-Versand-Befugnis auf Unternehmens-Käufer

Auch zu der - in der Pressemitteilung gleichfalls behandelten - Frage, ob die Befugnis zum Versand von Newslettern bei einer Veräußerung des Unternehmens auf den Käufer übergeht, gibt es weder eine ausdrückliche gesetzliche Regelung noch obergerichtliche Rechtsprechung.

  • Kriterium:  Auslegung der Einwilligung

Maßgeblich ist, ob die nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG eingeholte Einwilligung so zu verstehen ist, dass sie für den (ansonsten unveränderten) Newsletter auch dann gilt, wenn der Betreiber des Shops wechselt. Dafür bedarf es einer Auslegung der Einwilligung (vgl. Köhler in Bornkamm/Köhler, UWG, 33. Aufl. 2015, § 7 UWG, Rz. 185 ff.).

  • Naheliegende Auslegung

Bei einem Newsletter spricht vieles dafür, die Einwilligung so zu verstehen, dass sie sich auf den Inhalt des Newsletters bezieht und nicht auf dessen Versender. Dies bedeutet, dass die dem Verkäufer erteilte Einwilligung bestehen bleibt. Denn wenn der Inhalt des Newsletters unverändert bleibt, kann von einem fortbestehenden Bezugsinteresse ausgegangen werden. Der Versenderwechsel löst keinerlei Belästigung aus, sodass es keiner erneuten Einwilligung des Beziehers bedarf.

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