28.09.2019

Liebesgrüße aus Salzburg: "Marketinganwalt" Harlander mahnt ab

Portrait von Niko Härting
Niko Härting

Rechtsanwalt Peter Harlander aus Salzburg macht sich derzeit in Deutschland als Abmahnanwalt einen Namen. Es geht um Tracking Tools und Cookies. Harlander verlangt Schmerzensgeld in vier- bis fünfstelliger Höhe und fordert zudem Unterlassungserklärungen. In allen uns bekannten Fällen bestehen jedoch weder Löschungs- noch Unterlassungs- noch gar gepfefferte Zahlungsansprüche.

Die Masche des Herrn Harlander

Die Abmahnungen aus Österreich sind weitgehend wortgleich und reißerisch mit „DRINGENDE BEARBEITUNG NOTWENDIG“ überschrieben. Betroffen scheinen vor allem Websitebetreiber aus der Textilbranche zu sein.

Harlander gibt an, für eine Privatperson tätig zu werden. Besucht man indes die Website seiner Kanzlei, reibt man sich ungläubig die Augen: Unter der schönen Domain marketingrecht.at findet man doch allerlei Ratschläge und Handreichungen für die Werbebranche. Zielgruppe nach eigenen Angaben: „Agenturen, Influencer, Onlinedienste-Anbieter, Shopbetreiber, Websitebetreiber und Blogger“.

Eine österreichische Privatperson scheint sich dennoch in die Kanzlei des Salzburger Anwalts verirrt zu haben, um gegen „Shopbetreiber“ vorzugehen. Harlander gibt in seinen Schreiben an, die Mandantin habe Websites besucht und festgestellt, dass die Websites Tracking Tools einsetzen (zu weiteren Einzelheiten der Abmahnungen vgl. Bräuer, "Abmahnung Dr. Mariella Stubhann", 13.9.2019 und "Datenschutz systematisch verletzt", Die Presse v. 8.9.2019).

Unseriöse Zahlungsforderungen

Die von Harlander gestellten Schmerzensgeldbeträge sind exorbitant und unseriös. Solange deutsche Gerichte auch bei mittel- bis schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigungen sehr zurückhaltend sind mit Schmerzensgeldern, wird hierzulande kein Gericht den immateriellen "Schaden", den ein Cookie anrichtet, mit 1.000 EUR beziffern (vgl. "Bundesregierung: Schadensersatzhaftung wegen Sorgfaltspflichtverstoß nach DSGVO", de lege data v. 6.8.2019).

Weder Löschungs- noch Unterlassungsansprüche

Aber nicht nur die Schmerzensgeldforderungen sind fern jeder Realität. Harlander verlangt zudem Löschung und Unterlassung. Dabei übersieht er, dass Löschungsansprüche durch Art. 11 Abs. 2 Satz 2 DSGVO ausgeschlossen sind. Unterlassungsansprüche sieht die DSGVO zudem gar nicht erst vor.

Art. 11 Abs. 2 Satz 2 DSGVO: Kein Löschungsanspruch

Wenn der Besucher einer Website Betroffenenrechte geltend macht, ist es dem Betreiber der Website in der Regel nicht möglich, die IP-Adressen und anderen „Kennungen“ (vgl. Art. 4 Abs. 1 DSGVO) ausfindig zu machen, die aufgrund des Besuchs erfasst worden sind. Es handelt sich um pseudonyme Daten, die der Websitebetreiber weder ohne Weiteres einem bestimmten Besucher zuordnen kann noch muss. Der Betreiber ist nach Art. 11 Abs. 1 DSGVO nicht zur Verarbeitung identifizierender Daten verpflichtet. Ist er mangels solcher Daten zu einer Identifizierung nicht imstande, wird er von seinen Verpflichtungen aus Art. 15 bis 20 DSGVO befreit. Es besteht kein Löschungsanspruch.

Kein Unterlassungsanspruch nach der DSGVO

Der Unterlassungsanspruch, den Harlander geltend macht, gibt es noch aus einem anderen Grund nicht: Der Katalog der Betroffenenrechte in Art. 12 ff. DSGVO ist abschließend. Einen Unterlassungsanspruch sieht die DSGVO nicht vor. Dies mag man als bedauerliche Lücke bei den Betroffenenrechten ansehen. Es gibt jedoch keine Öffnungsklausel in der DSGVO, die eine Erweiterung der Betroffenenrechte durch nationales Recht – etwa durch § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB – erlauben würde.

Nicht verunsichern lassen

Insgesamt drängt sich der Verdacht auf, dass jemand in Österreich auf die Idee gekommen ist, mit DSGVO-Betroffenenrechten schnell „Kasse zu machen“. Händlern, die eine Harlander-Abmahnung erhalten haben, sollten sich nicht verunsichern lassen. Die Forderungen, die angeblich eine „dringende Bearbeitung“ erfordern, bestehen nicht.

(Auch diesen Beitrag habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Lasse Konrad verfasst.)

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