27.08.2015

Maas ./. Facebook: Warum soll Facebook eigentlich Posts löschen, die nach deutschem Recht erlaubt sind?

Portrait von Niko Härting
Niko Härting

Bundesjustizminister Heiko Maas hat Facebook am 27.8.2015 einen Brief geschrieben (Wortlaut des Briefes auf Tagesschau.de v. 27.8.2015). Er wirft Facebook Tatenlosigkeit vor gegen rassistische und fremdenfeindliche Äußerungen. Dabei übersieht der Minister, dass rassistische und fremdenfeindliche Äußerungen in Deutschland weder rechtswidrig noch strafbar sind.

Recht, Moral und Meinungsfreiheit

Längst nicht alles, was abstoßend, niederträchtig und geschmacklos ist, ist auch verboten. Ganz im Gegenteil: Auch niederträchtige Meinungsäußerungen stehen grundsätzlich unter dem Schutz der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG):

"Meinungen fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden. Dementsprechend fällt selbst die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts nicht von vornherein aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit heraus." (BVerfG, Beschl. v. 9.11.2011, Az. 1 BvR 461/08, juris, Orientierungssatz 1a.)

Auch rassistische Äußerungen sind daher durch Art. 5 GG geschützt.

Dies allerdings nur dann, wenn nicht die Grenze zur strafbaren Volksverhetzung (§ 130 StGB) überschritten wird.

Grenze:  Strafbare Volksverhetzung

In § 130 Abs. 1 StGB heißt es:

"Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder

2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft." (Hervorhebungen hinzugefügt)

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Anwendbarkeit auf fremdenfeindliche Äußerungen

Eine fremdenfeindliche Äußerung ist somit nur dann verboten, wenn sie

  • entweder mit einer Gewaltaufforderung verbunden wird, oder
  • Menschen als minderwertig oder zweitklassig bezeichnet und damit deren Menschenwürde angreift.

Rechtsprechungsansatz

Verurteilungen wegen Volksverhetzung sind selten. So konnte ein NPD-Funktionäre sehr polemisch eine "Ausländerrückführung" fordern, ohne hierfür bestraft zu werden (KG, Beschl. v. 8.10.2012, Az. (4) 121 Ss 161/12 (193/12), openJur 2013, 3807).

Ein Brief statt Kompetenz

Heiko Maas ist als Justizminister für das Strafrecht zuständig und hat in seiner bisherigen Amtszeit etliche neue Strafrechtsnormen vorgeschlagen. Er könnte sich ohne Weiteres auch für eine Verschärfung und Erweiterung des § 130 Abs. 1 StGB einsetzen. Statt dessen schreibt er lieber einen Brief an Facebook, damit ein US-amerikanisches Unternehmen erledigt, wozu sich der Minister offenkundig nicht imstande sieht.

 

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