Neuer WLAN-Gesetzentwurf: Haftung der Verbraucher soll verschärft werden
Das Nachrichtenportal Golem berichtete gestern von Änderungen, die die Bundesregierung an ihrem viel kritisierten Entwurf für ein "WLAN-Gesetz" vorgenommen hat ("Regierung kippt Verschlüsselungspflicht aus Gesetzentwurf", Golem.de v. 16.6.2015). Die Änderungen verschärfen die Haftungsrisiken für jeden Inhaber eines privaten WLAN-Anschlusses. Entgegen der Golem-Überschrift soll zudem eine "Verschlüsselungspflicht" sowohl im Privathaushalt als auch beim öffentlichen Hotspot oder beim Freifunk die Regel bleiben.
Pflicht zu "angemessenen Sicherheitsmaßnahmen"
"Wer schreibt eigentlich solch einen Unsinn?" fragte Thomas Hoeren bereits nach Lektüre des ersten Entwurfs vor drei Monaten ("Eine Unverschämtheit - der Regierungsentwurf zur WLAN-Haftung", beck-blog v. 15.3.2015). Es geht jedoch immer noch schlimmer: Für den WLAN-Anschluss im Privathaushalt soll in Zukunft dasselbe gelten wie für WLAN-Anschlüsse in Hotels, Gaststätten, Flughäfen, Behörden und Anwaltskanzleien:
"Angemessene Sicherungsmaßnahmen" werden überall Pflicht! (RefE v. 15.6.2015 für ein zweites Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes, Seite 7 (§ 8 Abs. 4 Satz Nr. 1 TMG-RefE))
Ohne Passwortschutz wird der WLAN-Betrieb zum unbegrenzten Haftungsrisiko.
Absurde Alternative
Die einzige Alternative zum Passwortschutz, die die Gesetzesbegründung nennt, ist - frei nach Hoeren - eine "Unverschämtheit":
"Möglich wäre aber auch eine freiwillige Registrierung der Nutzer." (RefE v. 15.6.2015 für ein zweites Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes, Seite 15 (letzter Satz zu 1. der Begründung zu § 8 Abs. 4 TMG))
Die "freiwillige Registrierung" als Alternative zum Passwortschutz. Vorratsdatenspeicherung durch die kalte Küche, um die Abmahnmaschinerie der Rechteindustrie zu füttern. Im Privathaushalt also in Zukunft eine Art "Fahrtenbuch" über jede Einwahl ins Netz? In Zeiten mobiler Endgeräte, in denen man sich nicht ständig "ein- und auswählt", mehr als absurd.
Dritte Hürde gegen Störerhaftung
Passwortschutz oder "freiwillige Registrierung" reichen allein zur Abwendung der Störerhaftung nicht. Zusätzlich verlangt der Entwurf, dass man
"Zugang zum Internet nur dem Nutzer gewährt, der erklärt hat, im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu begehen." (RefE v. 15.6.2015 für ein zweites Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes, Seite 7 (§ 8 Abs. 4 Satz Nr. 2 TMG-RefE))
Für WLAN-Anschlüsse im Privathaushalt würde dies bedeuten, dass man jedem Anschlussinhaber empfehlen wird, sich eine entsprechende Erklärung von jedem Familienmitglied und Gast unterschreiben zu lassen. Denn wie will man ansonsten beweisen, dass man seiner Pflicht zur Einholung dieser Erklärungen nachgekommen ist?
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Lachender Dritter
Des einen Freud, des anderen Leid: Die Rechteinhaber dürfen sich freuen, da ihnen das Abmahnen erleichtert werden soll. Betreiber öffentlicher WLANs, Freifunker und Verbraucher schauen dagegen in die Röhre.
Fazit: Sicherheit mit falschen Recht
Die versprochene Rechtssicherheit schafft der Entwurf zwar. Doch ist dies nicht das Recht, das wir brauchen. Wenn dieser Entwurf Gesetz wird, wird Deutschland beim öffentlichen WLAN noch lange Entwicklungsland bleiben.
Link zum RefE v. 15.6.2015 für ein zweites Gesetz zur Änderung des TMG
Link zum RefE v. 11.3.2015 für ein zweites Gesetz zur Änderung des TMG im CRonline Gesetzgebungsreport
Zum alten Entwurf siehe:
- Mantz/Sassenberg, "Die Neuregelung der Störerhaftung für öffentliche WLANs - Eine Analyse des TMG-RefE v. 11.3.2015", CR 2015, 298 ff.
- Härting, "Klingt gut, stimmt aber nicht: Warum der Gabriel-Entwurf die Störerhaftung nicht erleichtert, sondern verschärft", CRonline Blog v. 13.3.2015