11.09.2012

Thilo Weichert traut Gerichten und Staatsanwaltschaften keine "zielführenden" Verfahren im Datenschutz zu.

Portrait von Niko Härting
Niko Härting

In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift "Datensicherheit und Datenschutz" findet sich ein Artikel der schleswig-holsteinischen Datenschutzbeauftragten Thilo Weichert (DuD 2012, S. 716 ff.). Titel: "Datenschutzverstoß als Geschäftsmodell - der Fall Facebook".

Leere Drohung

Facebook ist seit einem guten Jahr Weicherts Lieblingsthema:

"Am 19.08.2011 ging das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) mit einem strategisch konzipierten Text an die Öffentlichkeit, der zu dem Ergebnis kommt, dass die Nutzung von Fanpages und Social Plugins durch deutsche Anbieter illegal ist und dies Folgen haben kann (...)" (Weichert, DuD 2012, S. 719).

Mit den angedrohten "Folgen" sind unter anderem Bußgelder gemeint, mit deren Verhängung die "Weichert-Behörde" unverhohlen drohte: "Die maximale Bußgeldhöhe liegt bei Verstößen gegen das  TMG bei 50.000 Euro." (Pressmitteilung des ULD vom 19.8.2011).

In keinem einzigen Fall wurde in der Folgezeit ein Bußgeld verhängt. Nicht verwunderlich, da es das ULD bei der Abfassung des "strategisch konzipierten Textes" mit den juristischen Hausaufgaben nicht so genau genommen und übersehen hatte, dass es im schleswig-holsteinischen Landesrecht gar keine Vorschrift gab, die das ULD zu Bußgeldbescheiden nach § 16 TMG berechtigte (Härting, bvh Blog v. 25.8.2011).

Gründe

Weichert zu den Gründen, weshalb man von den zunächst angedrohten Bußgeldbescheiden abgesehen hat:

"Andere Wege der rechtlichen Klärung, insbesondere Bußgeldverfahren (...) wurden vom ULD verworfen. Beim Amtsgericht zu verhandelnde Ordnungswidrigkeitsverfahren liegen - ebenso wie strafrechtliche Ermittlungen - nicht mehr in der Verfügungskompetenz der Datenaufsichtsbehörde, sondern der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes, eröffnen nicht zielführende Fragestellungen des subjektiven Tatbestandes (...) und verschieben den Schwerpunkt der inhaltlichen Diskussion von der Frage der Zulässigkeit der Datenverarbeitung auf die Zulässigkeit der Sanktion."

  • "Zulässigkeit der Sanktion": Weichert weiß genau, dass die Zuständigkeit seiner Behörde mehr als zweifelhaft ist. Dies hält er jedoch für eine "nicht zielführende Fragestellung". Eine problematische Haltung eines Behördenleiters, der an Recht und Gesetz gebunden ist.
  • "Verfügungskompetenz der Datenaufsichtsbehörde": Weicherts Behörde unterliegt der Kontrolle durch die hierfür zuständigen Gerichte. Wenn Weichert meint, seine Behörde könne Fragen des Datenschutzrechts besser beurteilen als Gerichte und Staatsanwaltschaften, lässt dies auf Defizite rechtssaatlichen Bewusstseins schließen.

Verfassungswidrige Öffentlichkeitsarbeit

Weicherts Öffentlichkeitsarbeit verstößt gegen das Grundgesetz. Ebenso wie die Polizei nicht lästige Bußgeldverfahren dadurch umgehen darf, dass sie Parksünder unter massiven Drohungen dazu zu veranlassen, von einem Falschparken von vornherein abzusehen, darf auch ein Landesdatenschützer geregelte Verfahren nicht dadurch umschiffen, dass er auf öffentlichen Druck setzt (vgl. http://www.computerundrecht.de/media/2011_08-22_Haerting_Oeffentlichkeitsarbeit_einer_Landesbehoerde.pdf).

Weicherts jüngste Äußerungen lassen leider darauf schließen, dass er sich auch in Zukunft nicht von "nicht zielführenden" rechsstaatlichen Bedenken beirren lassen. Armes Schleswig-Holstein.

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