26.04.2012

Used Software: Schlussanträge des Generalanwalts

Portrait von Helmut Redeker
Helmut Redeker

Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) im Verfahren Used Soft ./. Oracle wird von der interessierten Öffentlichkeit mit Spannung erwartet. Erste Fingerzeige zu einer möglichen Entscheidung geben die jetzt veröffentlichen Schlussanträge des Generalanwalts, dem der EuGH in vielen, aber keinesfalls in allen – Fällen folgt.

Der Generalanwalt geht – zusammengefasst – davon aus, dass auch bei einem Onlinevertrieb von Software Erschöpfung eintreten kann, wenn der Onlinevertrieb sich als Verkauf darstellt. Er knüpft also den Erschöpfungsgrundsatz nicht an die Verkörperung des Mediums, auf dem die urheberrechtlich geschützte Software übertragen wird, sondern an die Rechtsnatur des zugrunde liegenden Vertrages. Er greift damit in erster Linie wirtschaftliche Gesichtspunkte auf. Dies wird ganz deutlich, wenn er unter Ziffer 59 ausführt, eine weite Auslegung des Begriffs der Erschöpfung sei erforderlich, um deren Zweck zu erfüllen, das Ausschließlichkeitsrecht im Recht des geistigen Eigentums einzuschränken, sofern es dem Rechtsinhaber vorher möglich war, den wirtschaftlichen Wert zu realisieren. Er hält es für wirtschaftlich unangemessen, dass Anbieter, die für das Downloaden zur endgültigen Nutzungsübertragung einen Kaufpreis verlangt haben, danach noch einmal kassieren können. Er greift damit das zentrale wirtschaftliche Argument auf, dass die Befürworter einer entsprechend analogen Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes auch für die Fälle des Downloads auch in der deutschen Diskussion angewandt haben. Die mehr wörtliche Auslegung und die urheberfreundliche Position der meisten deutschen Instanzgerichte teilt er insoweit explizit nicht.

Er führt auch definitiv aus, dass das Downloaden solcher Software nicht unter das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, sondern unter das Verbreitungsrecht fällt.

Allerdings wird das so gewährte Recht durch die Beantwortung der weiteren Fragen des BGH stark eingeschränkt. Der Generalanwalt meint nämlich, dass sich die Erschöpfung nicht auf das Vervielfältigungsrecht bezieht. Insoweit schließt er es aus, dass derjenige, der Software durch Download erworben und dabei eine Vervielfältigung angefertigt hat, ein neues Vervielfältigungsstück für die Weitererwerbung erstellen darf, selbst wenn er alle bei ihm verbliebenen Kopien löscht. Das Vervielfältigungsrecht sei nämlich nicht durch den Erschöpfungsgrundsatz abgedeckt, weil der Wortlaut so weit nicht auszulegen sei. Damit wäre beim Download eine Weiterveräußerung nur mit Hilfe des ursprünglich angefertigten Werkstücks möglich, also in den meisten Fällen nur unter Weitergabe der Festplatte des verwendeten Rechners.

Das Geschäftsmodell von Used Soft wie auch der anderen Anbieter von Gebrauchtsoftware dürfte daher nicht aufrecht zu erhalten sein, wenn auch der EuGH so entscheidet. Nur derjenige, der rechtmäßig das ursprüngliche Vervielfältigungsstück vom berechtigten Erwerber erhält, darf die für die Nutzung der Software notwendigen Vervielfältigungen fertigen. Wer das ist, wird vom Generalanwalt nicht gesagt. Genau danach hatte der BGH gefragt. Hier beschränkt sich die Antwort des Generalanwalts sehr auf die Fallkonstellation Used Soft / Oracle. Die weitergehenden Fragen des BGH werden von ihm nicht beantwortet aus seiner Sicht wohl deshalb, weil das für den Fall nicht von Bedeutung war. Der EuGH sollte auch diese Fragen auch beantworten.

Insgesamt ergibt sich aus der Antwort des Generalanwalts ein unbefriedigendes und widersprüchliches Ergebnis. Prinzipiell ist der Erwerber der Software auch beim Download endgültiger Erwerber und zur Weiterverbreitung berechtigt. Die dafür in aller Regel möglichen technischen Maßnahmen darf er aber nicht ergreifen, obwohl auch in diesem Zusammenhang die zentralen wirtschaftlichen Erwägungen des Generalanwalts zutreffend sind. Eine konsistentere Lösung wäre sinnvoll.

 

Zurück