19.06.2017

Kein Zugriff der Eltern einer verstorbenen Minderjährigen auf deren Facebook-Chats (KG v. 31.5.2017 - 21 U 9/16)

Portrait von Dr. Susanne Sachs
Dr. Susanne Sachs Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Erbrecht, Mediatorin

Das KG hatte über den Antrag der Mutter einer verstorbenen Minderjährigen zu entscheiden, ihr Zugang zu den Facebook-Chats ihrer Tochter zu gewähren. Es lehnte den Antrag trotz der Behauptung der Mutter ab, ihre Tochter sei mit ihrem Zugriff auf ihre persönliche Kommunikation einverstanden gewesen. Zwar sei in einem solchen Fall das Persönlichkeitsrecht des (einverstandenen) Account-Inhabers durch den Zugriff nicht verletzt, dies gelte allerdings nicht für das Persönlichkeitsrecht der Absender der Chatnachrichten.

Die Entscheidung wird bislang hauptsächlich deswegen kritisiert, weil die Angehörigen eines Verstorbenen schließlich auf Briefe, die sie im Nachlass vorfinden, oder auch auf Emails oder Chatverläufe, für die die Zugangsdaten zufälligerweise bekannt sind, Zugriff hätten. Diese Kritik ist allerdings verkehrt herum gedacht. Bedenklich ist nicht, den Zugriff auf persönliche Daten einer verstorbenen Person durch Erben und/oder Angehörige zu verhindern,  sondern vielmehr umgekehrt, den faktischen Zugriff der Erben/Angehörigen auf persönliche Kommunikation eines Verstorbenen nicht zu sanktionieren, obwohl in vielen Fällen tatsächlich eine Strafbarkeit nach §§ 202, 202a StGB vorliegen dürfte.  

Das KG hat die Revision zum BGH zugelassen. Die Angelegenheit bleibt also spannend.

Hinweis für die Praxis: Sollte der BGH die Entscheidung des KG (richtigerweise) bestätigen, ergibt sich bei der Nachlassplanung ggf. zusätzlicher Regelungsbedarf: Wenn eine Person wünscht, dass ihree Erben/Angehörigen Zugriff auf die eigene persönliche Kommunikation erhalten, ist der erste Schritt, dieses Einverständnis ausdrücklich und schriftlich zu erteilen, so dass es ggf. nachgewiesen werden kann. Der zweite Schritt wäre, das Einverständnis sämtlicher betroffener Kommunikationspartner einzuholen. Hierzu könnte sich anbieten, dass die Email-Anbieter und sozialen Netzwerke nach dem Tod des Verstorbenen eine automatische Anfrage an die Kommunikationspartner des Verstorbenen senden, die es zulässt, mit einem Klick das Einverständnis zu erteilen oder zu versagen.

 

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