02.07.2018

Pflichtteilsergänzungsansprüche bei Zuwendungen unter Ehegatten (BGH v. 14.3.2018 – IV ZR 170/16)

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Dr. Susanne Sachs Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Erbrecht, Mediatorin

Wird eine pflichtteilsberechtigte Person (Abkömmlinge, Ehegatten, Eltern) durch eine letztwillige Verfügung enterbt, steht dieser Person ein Pflichtteilsanspruch gegen den oder die Erben zu. Bei dem Pflichtteilsanspruch handelt es sich um einen reinen Geldanspruch, der sich gegen die Erben richtet. Er beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

Zusätzlich zu dem Pflichtteilsanspruch kann der Pflichtteilsberechtigte den sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den oder die Erben geltend machen. Hat der Erblasser während der letzten 10 Jahre seines Lebens unentgeltliche Zuwendungen gemacht, sind diese für die Pflichtteilsberechnung dem tatsächlichen Nachlasswert hinzuzurechnen. Allerdings schmilzt der Pflichtteilsergänzungsanspruch grundsätzlich mit jedem Jahr, das seit der Schenkung vergeht, um 1/10 ab. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Erblasser sich ein Nutzungsrecht an dem zugewandten Gegenstand vorbehalten hat oder die unentgeltliche Zuwendung seinem Ehegatten zugutekam.

Unentgeltliche Zuwendungen an den Ehegatten werden also ohne jede Abschmelzung mit ihrem vollen Wert für die Pflichtteilsberechnung dem Nachlasswert hinzugerechnet und zwar unabhängig davon, wann sie stattgefunden haben. Es wird also für die Pflichtteilsberechnung so getan, als hätte die unentgeltliche Zuwendung des Erblassers nie stattgefunden und der zugewandte Betrag/Gegenstand sei noch Teil des Nachlasses und zwar auch dann, wenn diese Zuwendung bereits 20 oder mehr Jahre zurückliegt.

Angesichts dessen, dass unentgeltliche Zuwendungen zwischen Ehegatten eher die Regel als die Ausnahme sind, ist dem Rechtsanwalt, der sich erbrechtlich betätigt, dringend anzuraten, bei der Ermittlung der Pflichtteilsansprüche des eigenen Mandanten besonderes Augenmerk auf die Frage zu legen, welche Zuwendungen an den Ehegatten des Erblassers stattgefunden haben. Ein typischer Fall ist beispielsweise die unentgeltliche Zuwendung eines hälftigen Miteigentumsanteils an einer Immobilie oder auch die alleinige Abtragung eines gemeinsamen Darlehens durch einen Ehegatten.

Da der Bundesgerichtshof erst kürzlich mit Urteil v. 14.3.2018 – IV ZR 170/16, FamRZ 2018, 775 = FamRB 2018, 239 höchstrichterlich bestätigt hat, dass die Abtragung gemeinsamer Darlehen – sowohl was die Tilgungsleistungen als auch etwaige Zinszahlungen betrifft – durch einen Ehegatten allein pflichtteilsergänzungsrelevant ist, wird die Frage, ob pflichtteilsergänzungsrelevante Zuwendungen an den Ehegatten stattgefunden haben, sicherlich in nächster Zeit im Fokus der forensischen Erbrechtspraxis stehen. Insoweit gibt Rohlfing in seiner Bearbeitung der o.g. BGH-Entscheidung im Familien-Rechtsberater hilfreiche Beratungstipps zur Vermeidung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen an die Hand (Rohlfing, FamRB 2018, 239).

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