10.03.2016

Stärkung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Elternunterhalt

Portrait von Jörn Hauß
Jörn Hauß Fachanwalt für Familienrecht

Der BGH hat in seiner Entscheidung v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14 die nichteheliche Lebensgemeinschaft gestärkt. Der unterhaltspflichtige Sohn lebt seit vielen Jahren mit einer Frau zusammen. Aus dieser Beziehung ist ein inzwischen acht Jahre altes Kind hervorgegangen. Da für einen Betreuungsunterhaltsanspruch der Frau aus kindbezogenen Gründen keine Anhaltspunkte vorlagen, hatte die Vorinstanz einen Unterhaltsanspruch der Frau, verneint. Das sah der BGH anders. Ein Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB könne auch aus elternbezogenen Gründen gegeben sein. Solche Gründe lägen offensichtlich vor, weil die unverheirateten Eltern nicht der Fremd-, sondern der Eigenbetreuung des Kindes den Vorrang gegeben hätten, sei diese Entscheidung auch unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen. Der Betreuungsunterhaltsanspruch der Lebensgefährtin rangiere vor dem Unterhaltsanspruch des Vaters.

Der BGH meint es offensichtlich mit der Lebensstandardgarantie für das seinen Eltern gegenüber unterhaltspflichtige Kind ernst. Die Entscheidung v. 9.3.2016 schützt den Lebensstandard unverheirateter pflichtiger Kinder, die zugleich selbst Eltern sind. Der Betreuungsunterhalt ist ein Anspruch des Kindes. Er wird für Kinder verheirateter Eltern und unverheirateter Eltern gleichermaßen in deren Interesse gewährt. Gut, dass der BGH elternbezogene Gründe für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts über das 3. Lebensjahr hinaus aus der von den Eltern gelebten Lebenssituation heraus vermutet hat. So bleibt es den Eltern zukünftig erspart, ihre konkrete Lebensgestaltung mit der mehr oder minder neurotischen Veranlagung und Verhaltensweisen ihrer Kinder zu rechtfertigen. Es reicht wahrscheinlich aus, wenn die Eltern erklären, durch stärkere häusliche Präsenz eine optimale Kindererziehung anzustreben. Wer wollte ihnen diesen Plan verwehren?

Auch dass der BGH die unterhaltsrechtliche Gleichstellung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht vollzogen hat, ist zu begrüßen. Das Ziel, die konkrete Lebensgestaltung des unterhaltspflichtigen Sohnes zu schützen, gelingt besser über den Schutz der vereinbarten Lebens- und Erziehungsweise, als die Nichtverheirateten unter den von diesen ja offensichtlich nicht gewollten Schutzschirm der Ehe zu sperren. Nicht nur die Ehe ist ein Vertrag der Ehegatten. Auch die nichteheliche Lebensgemeinschaft kennt vereinbarte Rechte und Pflichten, die auch gegenüber unterhaltsbedürftigen Verwandten Vorrang haben müssen, weil die gelebte Solidarität einer Familie eben Vorrang vor der durch Blutsverwandtschaft begründeten Rechtsbeziehung hat. ‚From Status to Contract‘ lautete der Titel des 7. Regensburger Symposions für Europäisches Familienrecht im Jahr 2004. Folgt man der Presseerklärung des BGH zur heutigen Entscheidung, sind wir einen kleinen Schritt auf diesem richtigen Weg vorangekommen.

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