06.06.2017

Zusatzversorgung kürzt unberechtigt Renten aus Altentscheidungen (OLG Karlsruhe v. 2.5.2017 – 12 U 136/16)

Portrait von Jörn Hauß
Jörn Hauß Fachanwalt für Familienrecht

Bereits mit Blog-Beitrag v. 17.8.2016 hatte der Verfasser auf eine Entscheidung des LG Köln hingewiesen, in der das LG die Höhe der Versorgung einer ausgleichspflichtigen Person nach Durchführung des Versorgungsausgleichs nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Versorgungsausgleichsrecht beanstandet und den Versorgungsträger zu einer Nachzahlung der unberechtigten Kürzung verurteilt hat. Die Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes nehmen die Kürzung der Versorgung der ausgleichspflichtigen Person in den nach altem Recht ergangenen Versorgungsausgleichsfällen nach der sogenannten Redynamisierungsmethode vor. Danach entspricht die Versorgungskürzung in der Höhe dem nominalen Ausgleichsbetrag, obgleich die ausgleichsberechtigte Person wegen der Anwendung der Barwertverordnung nur einen Bruchteil dieser Versorgung erhält oder erhalten wird. Das Oberschiedsgericht der VBL in Karlsruhe ( Oberschiedsgericht der VBL in Karlsruhe v. 6.6.2012 – OS 51/10, FamRZ 2012, 1877) hatte bereits diese Kürzungsmethode für unzulässig erklärt. Dem war das LG Köln mit Urteil v. 17.8.2016 - 20 S 8/16 beigetreten. Nunmehr hat auch das OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe v. 2.5.2017 - 12 U 136/16) sich dieser Auffassung angeschlossen und seine alte Rechtsprechung (OLG Karlsruhe v. 9.12.2004 – 12 U 303/04) aufgegeben. Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Dort ist bereits unter Az. IV ZR 260/16 ein entsprechendes Verfahren, die Revision zum Urteils des LG Köln, anhängig.

Für die Betroffenen ausgleichspflichtigen Personen bergen diese Entscheidungen erhebliches Verbesserungspotenzial. Sollte der Bundesgerichtshof sich den Entscheidungen des OLG Karlsruhe und des LG Köln anschließen, wären die Rentenkürzungen für die ausgleichspflichtigen Personen aufgrund eines Versorgungsausgleichs, der nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Recht durchgeführt worden ist, unberechtigt hoch. Es entsteht für diesen Personenkreis ein erhebliches Nachzahlungspotenzial.

Bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist Folgendes zu beachten:

  • Betroffen sind alle Entscheidungen über einen Versorgungsausgleich in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes die nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Versorgungsausgleichsrechts ergangen sind.
  • Die Kürzung der Rente der ausgleichspflichtigen Person ist in diesen Fällen in Höhe der Hälfte des Ehezeitanteils der Versorgung vorgenommen worden, obwohl die Kürzung nur in Höhe der Hälfte des bilanzierten Ehezeitanteils hätte durchgeführt werden dürfen.
  • Der der ausgleichspflichtigen Person zustehende Nachzahlungsbetrag kann über einen Zeitraum von max. 47 Monaten geltend gemacht werden (Verjährungsfrist drei Jahre).
  • Vor Geltendmachung des Nachzahlungsbetrags sollten die betroffenen Personen bedenken, dass der Versorgungsträger nach § 51 Abs. 3 VersAusglG eine Abänderung der alten Versorgungsausgleichs betreiben und dadurch den Versorgungsausgleich komplett ins neue Recht transferieren kann. Geschieht dies, wird die Versorgung der ausgleichspflichtigen Person tatsächlich um die Hälfte des Ausgleichswerts gekürzt. Es wäre dann nichts gewonnen außer der Versorgungsnachzahlung für den nicht verjährten Zeitraum. Gleichzeitig kann jedoch eine Abänderung der Altentscheidung gravierende Auswirkungen auf andere Versorgungen haben. Dies kann für die ausgleichspflichtige Person positiv oder negativ sein. Vor Erhebung des Nachzahlungsanspruch müssen daher die Auswirkungen eines möglichen Abänderungsverfahrens auf das gesamte Gefüge des Versorgungsausgleichs geprüft werden.

Sinnvoll ist es in jedem Fall, zunächst die Entscheidung des Bundesgerichtshofs abzuwarten. Es ist zu hoffen, dass diese alsbald ergeht.

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