13.12.2018

BGH: Änderung des Parteivortrages

Portrait von Dr. Frank O. Fischer
Dr. Frank O. Fischer Richter am Amtsgericht

Der BGH (Beschl. v. 24.7.2018 – VI ZR 599/16 , MDR 2018, 1395) hat zum wiederholten Male entschieden, dass sich im geltenden Prozessrecht keine Grundlage dafür findet, einen Vortrag einer Partei nicht zu berücksichtigen, weil er widersprüchlich zu vorherigem Vortrag ist, wenn letzterer ausdrücklich aufgegeben wurde. Vielmehr darf die Partei  ihren Vortrag im Laufe des Prozesses grundsätzlich ändern, ergänzen oder berichtigen. Freilich kann all dies bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden.

Viele Prozessbeteiligte gehen mit der Wahrheit leider sehr großzügig um, wie im Prozessalltag beständig zu beobachten ist. Viel häufiger als eine bewusste Lüge findet sich eine etwas eigenwillige Darstellung der Wahrheit. Es werden z. B. offenkundig wichtige Details einfach weggelassen. Oder es wird ein Verwirrspiel mit Begriffen gespielt. Oder es wird durch die Wahl bestimmter Worte etwas assoziiert, was nicht direkt behauptet werden dürfte. Ein schönes Beispiel für eine angebliche wahre Aussage ist die bekannte Formulierung des früheren Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika: „I did not have sexual relations with that woman, Miss ...“ So ist es (leider) in der Praxis.

Ein widersprüchliches Vorbringen darf als unbeachtlich behandelt werden, wobei natürlich vorher versucht werden muss, den Widerspruch aufzuklären. Anders ist es, wenn ausdrücklich ein bisheriges Vorbringen aufgegeben und durch ein neues, anderes Vorbringen ersetzt wird. Hier gibt es in der Tat keine prozessuale Möglichkeit, eine solche Änderung nicht zu berücksichtigen. Allerdings verliert man durch ein solches Vorgehen natürlich sehr viel an Glaubwürdigkeit. Wenn es knapp wird, kann ein Prozess aus diesem Grunde ohne weiteres verloren gehen. Dann rächt sich die eigenwillige Darstellung der Wahrheit sofort.

Wenn man also gezwungen ist, den Vortrag zu berichtigen, sollte man dies im eigenen Interesse nachvollziehbar erklären, und zwar ausführlich und richtig. Das berühmte „Informationsversehen“ oder der angeblich „versehentlich eingefügte Textbaustein“ alleine wird dafür in aller Regel nicht ausreichend sein. Eine einmal verlorene Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, ist ein mühsames Unterfangen. Daran wird die Entscheidung des BGH nichts ändern. Diejenigen, die es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, sollten sich demzufolge nicht zu früh freuen.

 

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