BGH: Beschwer bei Schmerzensgeld im Wege des unbezifferten Antrages
Die Klägerin verlangte von ihrer Krankenversicherung neben materiell-rechtlichem Schadensersatz u. a. Schmerzensgeld wegen einer angeblich zu Unrecht versagter Kostenübernahme. Die Klägerin hatte keinen bezifferten Antrag gestellt, sondern im Klageantrag nur ein angemessenes Schmerzensgeld verlangt (vgl. § 92 Abs. Nr. 2 ZPO). In der Klagebegründung ließ sie allerdings ausführen, dass dabei ein Betrag in Höhe von 3.000 € nicht unterschritten werden sollte. Nachdem die Klage insgesamt abgewiesen und die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wurde, versuchte die Klägerin die Zulässigkeit der Revision herbeizuführen, indem sie eine Beschwer von über 20.000 € begründen wollte, und zwar durch „Aufblasen“ des abgewiesenen Schmerzensgeldes. Dieser Versuch war beim BGH (Beschl. v. 24.3.2016 – III ZR 52/15) erfolglos.
Die für ein Rechtsmittel erforderliche Beschwer ist zunächst einmal formell zu bestimmen, nämlich in Gestalt der Differenz zwischen Antrag und Entscheidung. Bei einem unbezifferten Antrag auf Schmerzensgeld ist für die Beschwer des Rechtsmittelklägers die von ihm geäußerte Größenvorstellung maßgeblich. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO soll die Klageschrift die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes enthalten, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht. Der demgemäß bei derartigen Streitigkeiten anzugebende Mindestbetrag muss nicht im Klageantrag selbst angegeben werden, sondern kann im Rahmen der Begründung des Anspruchs angeführt werden. Eine Beschwer besteht dann nur, wenn dieser Antrag unterschritten wurde. Bei – wie hier - vollständiger Klageabweisung liegt eine Beschwer nur hinsichtlich des mitgeteilten Mindestbetrages vor. Eine Beschwer von über 3.000 € lässt sich daher hier nicht begründen.
Allerdings hatte die Klägerin selbst in einem Schriftsatz an das Berufungsgericht, nachdem dieses eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO angekündigt hatte, ihre Schmerzensgeldforderung auf 8.000 € erhöht. Da die Klägerin selbst vor dem Berufungsgericht jedoch nicht postulationsfähig war, war dieser Schriftsatz unbeachtlich. Allerdings hatte ihr Rechtsanwalt in einem folgenden Schriftsatz um Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin gebeten. Dies ist aber nicht ausreichend, da er sich jedenfalls den Antrag nicht ausdrücklich zu Eigen gemacht hat. Alles in allem fehlte es vorliegend jedenfalls an einer grundsätzlich denkbaren Klageerweiterung in der Berufungsinstanz. Es blieb daher bei der Beschwer von 3.000 €.
Fazit: Wer sich die Möglichkeit einer Revision erhalten will und das Kostenrisiko nicht scheut, sollte – spätestens in der Berufungsinstanz - direkt einen bezifferten Antrag in ausreichender Höhe stellen oder jedenfalls eine Größenordnung angeben, die ausreichend „Luft“ hat. Nach Erlass des Berufungsurteils lässt sich die erforderliche Beschwer nicht mehr „aufblasen“.