BGH: Unpfändbarkeit des Pflegegeldes
In einem Verfahren vor dem BGH (Beschl. v. 20.10.2022 – IX ZB 12/22, MDR 2023, 187) ging es um die Einkommensberechnung einer Schuldnerin im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Der Sohn der Schuldnerin ist pflegebedürftig. Die Schuldnerin selbst übernimmt die Pflege. Das Pflegegeld, das dem Sohn zusteht, wird von diesem an die Schuldnerin weitergeleitet. Die Frage ist nun, ob dieses Geld bei der Schuldnerin als Einkommen zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 36 Abs. 1 InsO gehört sonstiges Einkommen des Schuldners, das nicht gepfändet werden darf, nicht zur Insolvenzmasse. Damit wird über § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO auch § 850e ZPO anwendbar, insbesondere die Nrn. 2. und 2a (Arbeitseinkommen wird mit Sozialleistungen zusammengerechnet soweit diese der Pfändbarkeit unterworfen sind).
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I (Unpfändbarkeit von Geldleistungen, die Körperschaden ausgleichen) nicht einschlägig ist, denn die Schuldnerin selbst ist nicht pflegebedürftig (vgl. auch § 14 SGB XI). Das Pflegegeld ist eine Leistung der Pflegeversicherung an den Pflegebedürftigen. Das Pflegegeld bleibt bei Unterhaltsansprüchen und -verpflichtungen gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB XI unberücksichtigt. Daraus folgt, dass es im Übrigen an sich den allgemeinen Vorschriften der ZPO unterfällt.
Allerdings bejaht der BGH sodann die Voraussetzungen des § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 BGB. Das Pflegegeld unterfällt § 399 Abs. 1 BGB. Die Leistung kann nicht ohne Veränderung ihres Inhaltes erfolgen, da hier die Leistung mit der Person so verknüpft ist, dass sie, würde sie ein anderer erbringen, als eine andere Leistung erscheinen wird. Eine andere Sicht der Dinge würde zudem auch den Zielen der Pflege, eine Betreuung in der häuslichen Atmosphäre zu ermöglichen, entgegenlaufen. Hinzu kommt, dass der Pflegebedürftige in seiner Entscheidung über die Verwendung des Pflegegeldes frei ist.
Die zuvor streitige Frage ist daher nunmehr für die Praxis abschließend geklärt. Pflegegeld, das von dem Pflegebedürftigen an einen Pflegenden weitergeleitet wird, die die Pflege erbringt, ist bei diesem Pflegenden unpfändbar. Es ist bei der Einkommensberechnung daher nicht mit anderem Einkommen des Pflegenden zusammenzurechnen.