19.03.2017

Montagsblog: Neues vom BGH

Portrait von Dr. Klaus Bacher
Dr. Klaus Bacher Vorsitzender Richter am BGH

Berufungsbegründung per Telefax Beschluss vom 26. Januar 2017  – I ZB 43/16

Grenzen der anwaltlichen Sorgfaltspflicht bei der Einreichung von fristgebundenen Schriftsätzen per Telefax zeigt der I. Zivilsenat auf.

Der Prozessbevollmächtigte der in erster Instanz unterlegenen Beklagten hatte am letzten Tag der Frist von 23:28 Uhr an mehrfach vergeblich versucht, die sieben Seiten umfassende Berufungsbegründung per Telefax an das Berufungsgericht zu übermitteln. Alle Sendeversuche brachen mit der Meldung „Übertragungsfehler“ ab. Eine nachträgliche Überprüfung ergab, dass es beim Faxgerät des Berufungsgerichts am besagten Tag mehrfach zu vergleichbaren Übermittlungsfehlern gekommen war. Das Berufungsgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag dennoch als unbegründet zurück. Es bejahte ein Verschulden, weil die Möglichkeit bestanden habe, den Schriftsatz an den Telefaxanschluss des Pressesprechers zu übermitteln, dessen Nummer auf den Internetseiten des Gerichts veröffentlicht war.

Der BGH hebt die Entscheidung des OLG auf und gewährt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er knüpft an seine ständige Rechtsprechung an, wonach die Übersendung eines Schriftsatzes per Telefax am letzten Tag der Frist kein Verschulden begründet, sofern ein ausreichender Zeitpuffer eingeplant wird, um eine vorübergehende Belegung des Anschlusses zu kompensieren. Diese Anforderung war für die Übersendung von sieben Seiten um 23:28 Uhr gewahrt. Aufgrund der vom OLG getroffenen Feststellungen war ferner davon auszugehen, dass die Übermittlung aufgrund eines technischen Fehlers am Empfangsgerät gescheitert ist. Bei dieser Ausgangslage brauchte sich der Anwalt entgegen der Auffassung des OLGs nicht auf das Wagnis einzulassen, den Schriftsatz an den Telefaxanschluss des Pressesprechers zu übermitteln. Dessen Nummer war zwar auf den Internetseiten des OLG veröffentlicht. Daraus ging aber nicht hervor, dass der Anschluss zur Entgegennahme von fristgebundenen Schriftsätzen dient.

Praxistipp: Wenn das zuständige Gericht einen bestimmten Faxanschluss ausdrücklich zur Entgegennahme von fristgebundenen Schriftsätzen benannt hat, ist die Übermittlung an einen anderen, nicht für diesen Zweck eingerichteten Anschluss nicht ohne weiteres zur Fristwahrung geeignet – selbst dann, wenn sie innerhalb der maßgeblichen Frist erfolgt.

Formwahrung durch gerichtlich festgestellten Vergleich Beschluss vom 1. Februar 2017  – XII ZB 71/16

Die seit langem umstrittene Frage, ob ein nach § 278 Abs. 6 ZPO durch Beschluss festgestellter Vergleich entsprechend § 127a BGB zur Wahrung der notariellen Form geeignet ist, bejaht der XII. Zivilsenat in einer ausführlich begründeten Entscheidung.

In einem Scheidungsverfahren hatten die Beteiligten einen vom Gericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich geschlossen, der unter anderem einen gegenseitigen Verzicht auf Zugewinn und Unterhalt enthielt. Später focht der Antragsteller den Vergleich wegen arglistiger Täuschung an und begehrte im Wege der Stufenklage Auskunft und Zugewinnausgleich. Das Begehren blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH weist die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde zurück. Er teilt die Auffassung der Vorinstanzen, dass der Vergleich dem in § 1410 BGB vorgesehenen  Erfordernis der notariellen Beurkundung genügt. § 127a BGB, wonach ein gerichtlich protokollierter Vergleich die notarielle Beurkundung ersetzt, ist für Vergleiche, deren Zustandekommen das Gericht durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO feststellt, zwar nicht unmittelbar anwendbar. Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten aber eine analoge Anwendung, und zwar unabhängig davon, ob der Vergleich auf Vorschlag des Gerichts oder aufgrund übereinstimmender Schriftsätze der Beteiligten zustande gekommen ist.

Praxistipp: Noch nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage, ob ein nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellter Vergleich zur Formwahrung auch dann geeignet ist, wenn das Gesetz die gleichzeitige Anwesenheit beider Teile vorschreibt, wie etwa in § 925 BGB für eine Auflassung.

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