16.02.2018

Montagsblog: Neues vom BGH

Portrait von Dr. Klaus Bacher
Dr. Klaus Bacher Vorsitzender Richter am BGH

Die Ersatzfähigkeit eines Rückstufungsschadens und das Verhältnis zwischen einem selbständigen Beweisverfahren und dem nachfolgenden Rechtsstreit bilden das Thema von zwei aktuellen Entscheidungen

Ersatzfähigkeit eines Rückstufungsschadens in der Kaskoversicherung Urteil vom 19. Dezember 2017 –VI ZR 577/16

Eine grundsätzliche Frage, die bei vielen Verkehrsunfällen auftreten kann, behandelt der VI. Zivilsenat.

Die Klägerin nahm den Beklagten nach einem Verkehrsunfall auf Schadensersatz in Anspruch. Der Haftpflichtversicherer des Beklagten ersetzte den geltend gemachten Sachschaden zu drei Viertel. Den Ersatz des Schadens, den die Klägerin erlitten hat, weil sie wegen des restlichen Betrags ihre Kaskoversicherung in Anspruch genommen hatte und deshalb höhere Beiträge zahlen musste, lehnte die Versicherung ab. Die Klage auf Feststellung, dass der Beklagte auch diesen Rückstufungsschaden zu ersetzen hat, blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Er hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach ein Rückstufungsschaden auch dann (anteilig) ersatzfähig ist, wenn der Geschädigte für den Schaden mitverantwortlich ist. Die Rückstufung und die daraus resultierende Beitragserhöhung treten zwar unabhängig davon ein, in welchem Umfang die Kaskoversicherung in Anspruch genommen wird. Dennoch ist die schädigende Handlung für diesen Vermögensschaden mitursächlich, weshalb der Schaden nach dem allgemeinen Maßstab des § 254 BGB zu verteilen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Geschädigte die Kaskoversicherung erst in Anspruch nimmt, nachdem der Schädiger den auf ihn entfallenden Teil des Sachschadens bereits ersetzt hat.

Praxistipp: Anwaltskosten, die dem Geschädigten entstanden sind, um den Kaskoversicherer zur Erstattung des auf ihn selbst entfallenden Schadensanteils zu veranlassen, hat der Schädiger generell nicht zu tragen.

Fortgeltung von Anträgen aus dem selbständigen Beweisverfahren Beschluss vom 14.11.2017 – VIII ZR 101/17

Mit dem Verhältnis zwischen einem selbständigen Beweisverfahren und einem nachfolgenden Rechtsstreit befasst sich der VIII. Zivilsenat.

Der spätere Beklagte hatte gegen den Kläger ein selbständiges Beweisverfahren wegen Mängeln an einer Mietwohnung eingeleitet. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass keine bauseitigen Mängel vorlägen. Einen Antrag auf Anhörung des Sachverständigen wies das AG mit der Begründung zurück, das selbständige Beweisverfahren sei beendet, weil mittlerweile Klage in der Hauptsache erhoben worden sei. In diesem Rechtsstreit begehrte der Kläger in erster Linie Räumung der Wohnung und Zahlung rückständiger Miete. Der Beklagte griff das Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren unter Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Privatgutachten an. In der mündlichen Verhandlung vor dem AG beantragte er ergänzend, den im selbständigen Beweisverfahren bestellten Sachverständigen mündlich anzuhören. Das AG wies diesen Antrag als verspätet zurück. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das LG. Das AG durfte den Antrag auf Anhörung des Sachverständigen nicht als verspätet zurückweisen, weil der Beklagte ihn bereits im selbständigen Beweisverfahren gestellt hatte. Dieser Antrag war auch im nachfolgenden Rechtsstreit zu beachten, ohne dass es einer Wiederholung bedurfte. Darin, dass sich der Beklagte zunächst auf ein anderes Gutachten bezog, lag auch kein konkludenter Verzicht auf die Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen.

Praxistipp: Wenn das Gericht im selbständigen Beweisverfahren dem Beklagten eine Erklärungsfrist nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO gesetzt hat, kann ein nach Ablauf dieser Frist gestellter Antrag auf Anhörung des Sachverständigen nach Maßgabe von § 296 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden.

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