Montagsblog: Neues vom BGH
Diese Woche geht es um die Kündigung eines Wohnungsmietvertrags wegen Eigenbedarfs.
Familienangehörige trotz Scheidung Urteil vom 2. September 2020 – VIII ZR 35/19
Mit der Kündigungsbeschränkung nach § 577a Abs. 1a BGB befasst sich der VIII. Zivilsenat.
Die Beklagten sind seit 2001 Mieter eines Einfamilienhauses. Im Jahr 2015 veräußerte der Vermieter das Grundstück an seinen Sohn und dessen Ehefrau, die damals bereits seit zwei Jahren getrennt lebten. Die Ehe wurde im Jahr 2016 geschieden. Im Jahr 2017 kündigten die Kläger den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs. Sie begründeten dies damit, die Klägerin wolle das Haus mit den beiden aus der Ehe stammenden Kindern und ihrem neuen Lebensgefährten beziehen. Die Räumungsklage hatte in den beiden ersten Instanzen Erfolg.
Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Der vom LG rechtsfehlerfrei bejahte Eigenbedarf der Klägerin bildet einen hinreichenden Grund für die Kündigung. Dass die Klägerin nur Miteigentümerin ist und in der Person des Klägers kein Eigenbedarf besteht, ist unschädlich. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht die Regelung in § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB, die eine Eigenbedarfskündigung nach Veräußerung des Wohnraums an mehrere Erwerber für die Dauer von drei Jahren ausschließt, der Kündigung im Streitfall nicht entgegen. Zugunsten der Kläger greift die in § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB vorgesehene Ausnahme zugunsten von Erwerbern, die derselben Familie angehören. Als Familienangehörige im Sinne dieser Vorschrift sieht der BGH denselben Personenkreis an, für den der Vermieter gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB Eigenbedarf geltend machen darf. Hierzu zählt der BGH in Anlehnung an die Regelungen über das Zeugnisverweigerungsrecht (§ 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO) Ehegatten auch dann, wenn sie getrennt leben oder geschieden sind.
Praxistipp: Solange unklar ist, ob die Sperrfrist greift, sollte nach Ablauf der Frist vorsorglich eine erneute Kündigung ausgesprochen werden.