13.02.2021

Montagsblog: Neues vom BGH

Portrait von Dr. Klaus Bacher
Dr. Klaus Bacher Vorsitzender Richter am BGH

Diese Woche geht es um die Kostenentscheidung bei Rücknahme einer von Beginn an unbegründeten Klage.

Anlass zur Einreichung der Klage Beschluss vom 17. Dezember 2020 – I ZB 38/20

Mit den Voraussetzungen des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO befasst sich der I. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte die Beklagte wegen Urheberrechtsverletzung abgemahnt, weil über den Internetanschluss der Beklagten an einem bestimmten Tag zwei Folgen einer Fernsehserie öffentlich zum Download angeboten worden waren. Die Beklagte gab ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Angaben zur Nutzung ihres Internetanschlusses eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Die Klägerin klagte daraufhin auf Schadensersatz und Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 1.107,50 Euro. In ihrer Klageerwiderung teilte die Beklagte mit, sie habe ihre Wohnung im betreffenden Zeitraum über Airbnb vermietet und sich andernorts aufgehalten. Die Mieterin habe mitgeteilt, dass vermutlich einer ihrer Brüder die Rechtsverletzung begangen habe. Die Klägerin nahm die Klage zurück und beantragte, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Das AG hob die Kosten gegeneinander auf. Die Beschwerde der Beklagten blieb erfolglos.

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten führt zu einer Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen können die Kosten nicht gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ganz oder teilweise der Beklagten auferlegt werden. Es fehlt schon an einem Anlass zur Klage im Sinne dieser Vorschrift. Zur Erfüllung dieser Voraussetzung reicht es zwar aus, wenn die Klage zumindest vor Rechtshängigkeit zu irgendeinem Zeitpunkt zulässig und begründet gewesen wäre und der Kläger bei Einreichung der Klage weder wusste noch wissen musste, dass sich eine Änderung ergeben hat. Nicht ausreichend ist aber, wenn der Kläger nur subjektiv davon ausging, dass seine Klage Erfolg haben würde. Darüber hinaus ist eine Kostenentscheidung zugunsten der Klägerin im Streitfall auch deshalb nicht möglich, weil das Ereignis, das den Anlass zur Klage entfallen ließ, erst nach Rechtshängigkeit eingetreten ist. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ist nur dann anwendbar, wenn das ändernde Ereignis vor Rechtshängigkeit stattgefunden hat. Eine Umdeutung der Klagerücknahme in eine Erledigungserklärung oder einen Antrag auf Feststellung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nicht möglich.

Praxistipp: Wegen der fehlenden Möglichkeit der Umdeutung sollte der Kläger in solchen Fällen vor der Rücknahme sorgfältig prüfen, ob nicht eine Erledigungserklärung oder ein Antrag auf Feststellung der materiell-rechtlichen Pflicht zur Kostentragung zweckmäßiger ist.

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