02.08.2024

OLG Frankfurt am Main: Selbstwiderlegung der Dringlichkeit

Portrait von Dr. Frank O. Fischer
Dr. Frank O. Fischer Richter am Amtsgericht

Mit dem Problem der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit im Rahmen von einstweiligen Verfügungsverfahren hat sich das OLG Frankfurt am Main (Beschl. v. 28.6.2024 - 9 W 12/24) befasst.

Mit einem der (späteren) Antragstellerin am 19.4.2024 zugegangenen Schreiben vom 14.4.2024 untersagte die (spätere) Antragsgegnerin der Antragsstellerin, eine Verkehrsfläche zu betreten oder zu befahren. Daraufhin forderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.4.2024 von der Antragsgegnerin Unterlassung und setzte eine Frist bis zum 8.5.2024. Die Frist verstrich ergebnislos. Mit Schriftsatz vom 25.5.2024, eingegangen am 28.5.2024, beantragte die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin eine einstweilige Verfügung.

Das LG wies den Antrag mangels Eilbedürftigkeit und damit mangels Vorliegens eines Verfügungsgrundes zurück. Die Antragstellerin habe insgesamt zu lange gewartet. Diese Auffassung teilt das OLG nicht.

Der Versuch der Antragstellerin, die Situation zunächst durch ein vorgerichtliches Schreiben zu befrieden, lässt die Dringlichkeit nicht entfallen. Hieraus allein kann nicht geschlossen werden, dass es der Antragstellerin nicht mehr eilig sei.

Allerdings gibt es im Wettbewerbsrecht eine – allerdings keinesfalls starre, sondern lediglich der Orientierung dienende – Sechswochenfrist zur Widerlegung der Dringlichkeit. Es ist jedoch bereits fraglich, ob diese Frist auch auf Besitzstörungen angewandt werden kann. Im Übrigen sind es vom 19.4. bis 28.5. keine sechs Wochen gewesen.

Das OLG hebt daher den Beschluss des LG auf. Eine eigene Entscheidung trifft es nicht, da das LG in Parallelverfahren bereits Termine bestimmt hatte, so dass eine Entscheidung in erster Instanz mit mündlicher Verhandlung zielführend erscheint.

Fazit: Diese Entscheidung ist zu begrüßen. In manchen Fällen wird sogar verlangt, dass der potenzielle Antragsgegner einer einstweiligen Verfügung zunächst vorgerichtlich angeschrieben wird, um überhaupt das Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu begründen. Von daher wäre es zweckwidrig, aus einer im Normalfall durchaus sinnvollen und zielführenden Maßnahme eine Selbstwiderlegung der Dringlichkeit abzuleiten.

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