16.06.2017

Gefällehecke 1

Portrait von Rüdiger Donnerbauer
Rüdiger Donnerbauer

Mit Urt. v. 2. 6 2017 - V ZR 230/16 hat der fünfte Zivilsenat des BGH einmal mehr verdeutlichen können, was so alles den Weg bis nach Karlsruhe schafft.

Es ging um eine sehr, sehr hohe Thuja-Hecke. Ohne jeden Zweifel war sie ein Mehrfaches höher als die zwei Meter, die Art. 47 BayAGBGB einer grenznahen bayerischen Hecke zugesteht.

Der Beklagte hielt den damit eigentlich gegebenen Rückschnittsanspruch für verjährt (nach Art. 52 BayAGBGB wäre Verjährung fünf Jahren seit Enstehen und Kenntnisnahme eingetreten). Deshalb war entscheidend, wann genau die Hecke die magische Zwei-Meter-Marke überschritten hatte.

Neben den üblichen vegetabilen Unwägbarkeiten, von denen jeder Landwirt ein Lied singen kann, hatte die zu entscheidende Konstellation eine Besonderheit: Die Hecke stand nämlich nicht auf ebener Fläche, sondern an der Unterkante einer Geländestufe von ca. einem Meter Höhe, die zwischen den beachbarten Grundstücken verlief und deren Oberkante zur klägerischen Seite wies.

Anders gesagt: Der Kläger hätte von der Hecke sowieso erst ab einer vom Boden gemessenen Höhe von ca. einem Meter erstmalig irgend etwas sehen können. Die Zeit, die die Hecke für das Wachstum um diesen Extrameter gebraucht haben musste, zog der Senat bei der Bestimmung der Verjährungsfrist ab und kam zum folgerichtigen Ergebnis, der Rückschnittsanspruch sei nicht verjährt:

Die zulässige Höhe der Pflanzen ist grundsätzlich von der Stelle aus zu messen, an der diese aus dem Boden austreten. Das gilt aber nicht, wenn die Pflanzen auf einem Grundstück stehen, das tiefer als das Nachbargrundstück liegt. In diesem Fall ist eine Beeinträchtigung des höher gelegenen Grundstücks erst möglich, wenn die Pflanzen dessen Höhenniveau erreichen. Die zulässige Pflanzenwuchshöhe ist deshalb nicht von der Austrittstelle der Pflanzen, sondern von dem Bodenniveau des höher gelegenen Grundstücks aus zu bestimmen.

So erhellend das Urteil auch ist, bleiben doch noch wichtige Fragen offen:

Wie sähe es zum Beispiel bei einem langsam wachsenden Maschendrahtzaun aus? Und wie ist das Messverfahren, wenn es nicht um Stufen, sondern um schräge Lagen geht? Ist von der Außenkante der Hecke zu messen? Oder von der Innenkante? Oder in der Mitte?

Immerhin gibt das Urteil einige Sicherheit, jedenfalls für den Fall der entschiedenen, aus Klägersicht steilstufig abfallenden Geländeformation. Mit den Brisanzen der umgekehrten Lage musste sich der Senat nicht auseinandersetzen und führt dazu nur lakonisch aus:

Nicht Gegenstand der Entscheidung war die Frage, wie die Messung im umgekehrten Fall zu erfolgen hat, also bei einer Grenzbepflanzung des höher gelegenen Nachbargrundstücks.

Es bleibt also abzuwarten, welche weiteren Erkenntnisse uns Gefällehecke 2, Gefällehecke 3 usw. noch bringen werden.

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