01.12.2022

Herzlichen Glückwunsch! 

Portrait von Dr. Oliver Elzer
Dr. Oliver Elzer

Das WEMoG ist am 1. Dezember 2020 in Kraft getreten. Für eine Bilanz, ob es sich nach zwei Jahren bewährt hat, ist es viel zu früh. Man kann aber immerhin erste Bereiche nennen, die gewisse Klärungen erfahren haben bzw. Stellen aufzeigen, wo es im Gebälk noch „knackt“.

An dieser Stelle sollen vier Punkte genannt werden:

  • Erstens die Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in einem Prozess mit einem Wohnungseigentümer, wenn es keinen Verwalter gibt. Hier gibt es sowohl für die Passiv- (BGH v. 8.7.2022 – V ZR 202/21), als auch für die Aktivklage (BGH v. 16.9.2022 – V ZR 180/21) mittlerweile Rechtsklarheit: Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, so wird sie bei einer gegen einzelne Wohnungseigentümer gerichteten Klage durch die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer allein. Umgekehrt – ein Wohnungseigentümer klagt – ist es nicht anders. Dieser Weg ist kein Alleinheilmittel und lässt Probleme offen (die kupierte Gesamtvertretung wird häufig nicht funktionieren!). Er ist aber wohl besser als die „Krücke“ eines Prozesspflegers.
  • Zweitens die Frage, wie ernst in einem Prozess die Trennung zwischen dem Können (§ 9b Absatz 1 Satz 1 WEG) und dem Dürfen (§ 27 WEG) des Verwalters zu nehmen ist, wenn der Verwalter einem Wohnungseigentümer gegenübertritt. Zunächst wirkte es so, als sei Karlsruhe nur das Können wichtig. Jetzt heißt es hingegen vorsichtiger (BGH v. 16.9.2022 – V ZR 180/21 Rz. 15): „Ob – und ggf. unter welchen Voraussetzungen – evident bestehende Beschränkungen im Innenverhältnis der Vertretungsmacht im Prozess entgegenstehen können oder sogar ein Missbrauch der Vertretungsmacht anzunehmen sein kann, bedürfte allerdings noch abschließender Klärung“. Anders soll es aber beim Hausgeldinkasso und bei Klagen gemäß § 1004 Absatz 1 BGB wegen einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums sein (BGH v. 16.9.2022 – V ZR 180/21 Rz. 14).
  • Drittens der Fragenkreis, wann nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen eine Störung etwas unternehmen kann. Wir erinnern uns: Bis zum 30. November 2020 durfte jeder Wohnungseigentümer gegen sämtliche Störungen vorgehen. Auf die Frage, ob es um eine Störung des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums ging, kam es grundsätzlich nicht an. Seit dem 1. Dezember 2020 ist es hingegen von Gesetzes wegen an der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, gegen Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums vorzugehen. Daher ist einerseits zu fragen, ob beispielsweise Lärm oder Gerüche überhaupt das gemeinschaftliche Eigentum beeinträchtigen. Und andererseits ist zu fragen, was gilt, wenn eine Störung auch das Sondereigentum betrifft. Hier gab es bereits bislang eine Vielzahl von BGH-Entscheidungen, die sich mühten, Klarheit zu schaffen (siehe nur BGH v. 28.1.2022 – V ZR 106/21; BGH v. 28.1.2022 – V ZR 86/21; BGH v. 11.6.2021 – V ZR 41/19; näher u.a. Elzer, MDR-R 2022, 149 ff.). Hier läuft es ggf. darauf hinaus, dass zu prüfen ist, ob das Sondereigentum unmittelbar und direkt gestört wird (vgl. BGH v. 28.1.2022 – V ZR 86/21 Rz. 12 und Rz. 15) oder nur mittelbar und indirekt.
  • Viertens der Bereich „Kompetenzschutz“. Hier geht es um die Frage, ob ein Wohnungseigentümer etwas gegen ein rechtswidriges Tun eines Organs der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unternehmen kann. Kann er z.B. gegen einen Verwalter klagen, der in der Wohnungseigentumsanlage zu Unrecht Maßnahmen ergreift. Die Landgerichte in Frankfurt am Main und München haben die Frage verneint (LG Frankfurt a.M. v. 24.2.2022 – 2-13 T 85/21 und LG München I v. 16.2.2022 – 36 T 1514/22). Ich denke, in Ausnahmefällen muss die Antwort aber„Ja“ lauten. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann nicht darauf zurückgeworfen werden, nach § 9b Absatz 2 WEG zu handeln. Hier ist im Übrigen ungeklärt, ob der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats sich prozessual entgegenhalten müsste, er dürfe ja gar nicht handeln (ein Parallelproblem zur zweiten Frage).

Diese wenigen Bereiche zeigen, dass das WEMoG nicht alle Probleme, die wir hatten, weggewischt hat – und natürlich neue schuf. Es bleibt also keinesfalls langweilig!

 

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