Trittschallschutz auf mangelhaftem Gemeinschaftseigentum
Der BGH hat sich jüngst wieder mit dem Trittschallschutz nach Bodenbelagswechsel befasst, diesmal in Kombination mit mangelhaftem Gemeinschaftseigentum (BGH, Urt. v. 26.6.2020 – V ZR 173/19).
Das Problem: Zwei Eigentümer einer 1995 in Wohnungseigentum aufgeteilten Liegenschaft streiten um Vorkehrungen gegen Trittschall. Der Erwerber des erst 1995 zu Wohnraum umgebauten Dachgeschosses, in dem Teppichboden verlegt war, ersetzte diesen 2008 ohne Eingriff in das Gemeinschaftseigentum durch Fliesen. Seitdem klagt der Eigentümer der darunter liegenden Wohnung zu Recht über Belästigung durch Trittschall. Nach sachverständiger Feststellung im Prozess wird der Trittschallpegel nach der DIN 4109 (53 dB) um mindestens 13 dB verfehlt, während durch Verlegung von Teppichboden die DIN 4109 eingehalten werden könnte. Allerdings ist unstreitig, dass auch das Gemeinschaftseigentum nicht den Anforderungen der DIN 4109 entspricht. Der Eigentümer der Wohnung im Obergeschoss begehrte im Hilfsantrag, den Eigentümer der Dachgeschosswohnung zu verurteilen, durch geeignete Maßnahmen einen Normtrittschallpegel von mindestens 53 dB herzustellen. Mit diesem Antrag hatte die Klage in der Berufungsinstanz Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.
Die Entscheidung des BGH: Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg. Ersetzt ein Wohnungseigentümer den Bodenbelag (hier: Teppichboden) durch einen trittschallintensiveren (hier: Fliesen) so entsteht dem Eigentümer der darunter liegenden Wohnung bei höherer Trittschallbelastung ein Nachteil gemäß §§ 14 Nr. 1; 15 Abs. 3 WEG, dessen Beseitigung er nach § 1004 Abs. 1 BGB verlangen kann. Denn der Eigentümer der darüber liegenden Wohnung hat durch die Auswechselung des Bodenbelags in einer Weise von seinem Sondereigentum Gebrauch gemacht, die den Kläger über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt. Der Trittschallschutz der Wohnungseigentümer untereinander richtet sich nach der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag ohne Eingriff in Estrich und Geschossdecke ersetzt wird. An der Pflicht zu seiner Einhaltung ändert sich nichts dadurch, dass die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums defekt ist. Zwar soll der Trittschallschutz vorrangig durch die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden. Für die Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander, die sich bei einer Änderung des Bodenbelages ergeben, lässt sich hieraus nichts herleiten. Anderes gilt nur, wenn dem Wohnungseigentümer bei einer mangelhaften Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums keine zumutbare Abhilfemöglichkeit ergibt.
Die Konsequenzen für die Praxis: Die Entscheidung entspricht der h. M. Auch Eingriffe alleine in das Sondereigentum können eine Beeinträchtigung nach § 14 Nr. 1 WEG darstellen. Der durch zusätzlichen Trittschall beeinträchtigte Miteigentümer kann Abhilfe bis zur Wiedererreichung der ursprünglichen Dämmung verlangen, wenn gerade die Auswechselung des Bodenbelages zu einer Verschlechterung der Trittschalldämmung führt (OLG Düsseldorf ZMR 2008, 224), Dies gilt auch dann, wenn der im Gemeinschaftseigentum stehende Estrich gleichfalls mangelhaft ist (OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 1594 = ZMR 2002, 70; ZMR 2008, 224; OLG München ZMR 2007, 811). Die Entscheidung dürfte auch nach dem WEMoG nicht anders ergehen, da auch nach Übergang der Beseitigungsansprüche wegen Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums (vgl. hierzu BT-Drucks. 19/18791, S. 44) jedem Wohnungseigentümer das Recht bleibt, Beeinträchtigungen seines Sondereigentums abzuwehren.
Ein rein praktischer Hinweis: Die vom Miteigentümer begehrte erhöhte Trittschalldämmung hätte man ohne weiteres durch entsprechende Dämmmatten bewerkstelligen können. Diese erhöhen die Kosten pro Quadratmeter Fußbodenaufbau um ca. 5 €, liegen also bei einem Bruchteil der Kosten des vorliegenden Prozesses. Überdies bleibt der Hausfriede gewahrt.