Verwaltungsbeirat: Verkappte Anforderungen oder bleibt es beim alten Schnack?
Ist etwas „verkappt“, so ist es so geschickt getarnt, dass sein tatsächliches Wesen jedenfalls nicht sofort zu erkennen ist. So ist es möglicherweise mit den Anforderungen an die Verwaltungsbeiräte im neuen Wohnungseigentumsrecht!
Vor der Novelle hieß es insoweit, man könne keine besonderen Anforderungen an die Person des Verwaltungsbeirats und seine Qualitäten stellen. Diese Ansicht war auch sehr gut vertretbar, da die Verwaltungsbeiräte im Kern machtlos waren. Die rechtlichen „Highlights“ waren erstens das Recht des Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder seines Vertreters, die Versammlung einzuberufen, wenn ein Verwalter fehlte oder dieser sich pflichtwidrig weigerte, seinerseits eine Versammlung einzuberufen. Und zweitens die Pflicht das Verwaltungsbeiratsvorsitzenden oder seines Vertreters, die Niederschrift über eine Versammlung zu unterschreiben. Die Pflicht / das Recht, die Jahresabrechnung, den Wirtschaftsplan und Angebote zu prüfen und mit einer Stellungnahme zu versehen, hatte hingegen jeder Wohnungseigentümer. Und die Möglichkeit, den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen, hatte selbstverständlich auch jeder Wohnungseigentümer. Ob ein Verwaltungsbeirat „mächtig“ oder „ohnmächtig“ war, war damit keine Frage des geschriebenen Rechts, sondern mehr seiner Persönlichkeit und der Persönlichkeit des Verwalters.
Ganz anders ist es im neuen Recht! Denn die Verwaltungsbeiräte sind auf leisen Sohlen zu einem „Big Player“ geworden. Warum? Zum einen liegt das an dem kleinen Wort „überwacht“ in § 29 Absatz 2 Satz 1 WEG. Zwar haben andere – und auch ich – bewusst versucht, die Überwachung klein zu schreiben. Die herrschende Meinung hat das aber bislang nicht mitgemacht und lehnt sich letztlich an die Bestimmungen des Aktienrechts an (dort hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen). Zum anderen liegt die „Aufwertung“ des Verwaltungsbeirats an der Struktur des neuen Rechts. Denn die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ist jetzt eine Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Hieraus folgt, dass die Verwaltungsbeiräte dann, wenn sie ihnen auferlegte Pflichten und / oder Rechte ausüben, zum Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geworden sind. Besonders deutlich ist das bei § 9b Absatz 2 WEG, nach dem der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vertritt. Nicht anders ist es aber, wenn der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Versammlung lädt oder den Verwalter für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer überwacht.
Macht man sich diese bedeutsamen Änderungen klar, muss man sich fragen, ob man an dem alten Bild festhalten kann, wonach „Jedermann“ zum Verwaltungsbeirat qualifiziert ist und es ausreicht, wenn er nur lesen und schreiben kann und die Grundrechenarten beherrscht.
Die Antwort lautet eher „Nein“. Denn unser bewährter „Jedermann“ wird häufig nicht qualifiziert sein, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer angemessen gegenüber dem Verwalter zu vertreten, beispielsweise dem Verwalter den Streit im Rahmen einer Beschlussklage zu verkünden. Denn zur Klärung dieser Frage müssen viele Antworten auf schwierige Probleme gefunden werden. Ferner wird „Jedermann“ häufig auch nicht qualifiziert sein, um die Schadenersatzansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter zu erkennen, zu organisieren und anschließend erfolgreich durchzusetzen. Für solche Tätigkeiten bedarf es vielmehr im Kern einer in besonderer Weise qualifizierten Person.
Wäre das aber so, hätte die WEG-Reform eine Vielzahl von Wohnungseigentümern von der Möglichkeit ausgeschlossen, Verwaltungsbeirat zu sein. Kann das gewollt gewesen sein?