04.06.2018

Mittelbare Grundstücksschenkung

Portrait von Friedemann Kirschstein
Friedemann Kirschstein Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht

Das FG München hat entschieden, dass eine mittelbare Grundstücksschenkung, bei der der Schenker die Kosten sowohl des Erwerbs des bebauten Grundstücks als auch des anschließenden Um- oder Neubaus trägt, erst mit Abschluss der Baumaßnahmen vollständig vollzogen ist.

Das FG München hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben mit Kaufvertrag vom 23.12.2011 für 5,7 Mio. € ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Sie beabsichtigten, das Haus umfangreich zu sanieren und auf dem Grundstück einen zusätzlichen Neubau zu errichten. Nach Abschluss der Baumaßnahmen sollte das Grundstück von den Eheleuten mit ihren beiden Kindern sowie den Eltern der Klägerin zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Nachdem in dem Gebäude eine Asbestbelastung festgestellt wurde, entschieden sich Eheleute, das Gebäude abzureißen und planten einen kompletten Neubau. Dieser verzögerte sich aus nicht von den Klägern zu vertretenden Gründen, so dass Fertigstellung und Einzug erst in 2015 erfolgen konnten.

Die finanziellen Mittel für den Grundstückskauf und die Baumaßnahmen stammten alleine vom Ehemann und aus von ihm aufgenommenen Krediten. In ihrer Schenkungsteuererklärung erklärte die Klägerin die Schenkung eines hälftigen Miteigentumsanteils an dem bebauten Grundstück i.H.v. 2,85 Mio. € und beantragte die Steuerbefreiung für ein Familienheim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.

Das FA lehnte die Gewährung der Steuerbefreiung mit der Begründung ab, das die Voraussetzungen einer Selbstnutzung der Immobilie als Familienheim zum Zeitpunkt der Steuerentstehung am 23.12.2011 nicht vorlägen.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat das FG der Klage stattgegeben. Es kommt zu dem Ergebnis, dass der Bescheid aufzuheben war, weil die Steuer nicht mit Abschluss des notariellen Kaufvertrages am 23.12.2011, sondern erst mit Fertigstellung des Neubaus in 2015 entstanden sei. Erst in diesem Zeitpunkt stehen die gesamten Baukosten und damit die Höhe des Erwerbs fest. Über die Frage, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG vorliegen, hatte das Gericht deshalb nicht zu entscheiden.

Das FG stellt die unterschiedlichen Zeitpunkte für die Steuerentstehung bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung anhand der BFH-Rspr. dar:

  • Erwerb eines Grundstücks: Erklärung Auflassung und Eintragungsbewilligung;
  • Neubau oder Umbau: Zeitpunkt der Fertigstellung der Baumaßnahme;
  • Saniertes und renoviertes Gebäude: Zeitpunkt des Abschlusses der Sanierungs- und Renovierungsarbeiten.

Diese Grundsätze entsprechen auch der Auffassung der Finanzverwaltung in R E 9.1 Abs. 2 ErbStR.

Der Wechsel von der Renovierungsabsicht zur Absicht, ein Gebäude abzureißen und ein neues Gebäude zu errichten, ändere nichts daran, dass die Steuer erst mit Abschluss der Baumaßnahmen entsteht. Der relativ lange Zeitraum von etwa vier Jahren vom Erwerb des Grundstücks bis zur Fertigstellung lässt nach Auffassung des Gerichts die Grundsätze einer mittelbaren Grundstücksschenkung über einen Neubau nicht entfallen, sofern die Beteiligten die Absicht, das erworbene Grundstück mit einem Neubau zu versehen nicht zwischenzeitlich aufgeben.

Der spätere Entstehungszeitpunkt der Steuer hat für den Steuerpflichtigen Vor- und Nachteile:

  • Nachteilhaft ist, dass nicht der niedrigere Grundstückswert im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, sondern der höhere Wert des Neubaus als Bemessungsgrundlage anzusetzen ist. Sollten die Voraussetzungen für ein Familienheim vorliegen, spielt dieser Nachteil wegen der voll umfänglichen Steuerbefreiung jedoch keine Rolle.
  • Vorteilhaftig wirkt sich der spätere Entstehungszeitpunkt der Steuer auf die Zehn-Jahres-Frist für Vorschenkungen aus, wodurch der persönliche Freibetrag möglicherweise ganz oder teilweise wieder auflebt.

FG München v. 21.2.2018 – 4 K 1464/15, NZB eingelegt, Az. d. BFH: II B 27/18

Zurück