Die eGbR als neuer Fixstern am gesellschaftsrechtlichen Firmament – schon 2.500 Eintragungen im Gesellschaftsregister
I. Hamburg vor Stuttgart und Berlin
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) am 1.1.2024 ist auch das Gesellschaftsregister für die Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) eröffnet worden. Gemäß § 707 Abs. 1 BGB besteht für diese Personengesellschaften keine Eintragungspflicht, sondern grundsätzlich ein Wahlrecht, solange keine der bestehenden gesetzlichen Voreintragungsobliegenheiten Platz greift. Laut Unternehmensregisterabfrage via Bundesanzeiger (https://www.unternehmensregister.de/ureg/) wurde heute Mittag gegen 13 Uhr (22.1.2024) bundesweit die Zahl von 2.500 GbR-Eintragungen im Gesellschaftsregister erreicht. Auf die Registergerichte der zehn größten Städte Deutschlands entfallen insgesamt 912 Registrierungen. Angeführt wird die Blitztabelle von Hamburg (265 Eintragungen), Stuttgart (168 Eintragungen) und Berlin (127 Eintragungen); dahinter München (117 Eintragungen) und Köln (108 Eintragungen). Ein beträchtlicher Teil der Registereintragungen war schon bis zum 3. 1.2024 vollzogen. In Hamburg wurde die Schwelle von 50 Eintragungen bereits am 4.1.2024 überschritten. Es besteht daher eine – wohl unwiderlegliche – Vermutung dafür, dass der auf die neue Rechtsformvariante der eGbR bezogene Registerbetrieb an den dafür zuständigen Amtsgerichten auf Grundlage einwandfreier notarieller Anmeldungen termingerecht und ohne Startschwierigkeiten aufgenommen wurde. Keine Probleme gab es wohl auch in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit der Registergerichte für die Anmeldung. So hat z.B. Hessen die Registerzuständigkeit i.S.d. § 376 Abs. 2 FamFG sinnvollerweise nach § 32 Abs. 1 Justizzuständigkeitsverordnung (JuZuV v. 3.6.2013, GVBl. S. 386) parallel zur Zuständigkeit für Handelsregistersachen ausgestaltet. In Berlin reiht sich die Zuständigkeit für Gesellschaftsregistersachen (§ 374 Nr. 2 FamFG) nun in die Zuständigkeitskonzentration des § 5 der Verordnung über die Zuweisung amtsgerichtlicher Zuständigkeiten (Zuweisungsverordnung – ZuwV v. 8.5.2008, GVBl. S. 116) ein, sodass auch hierfür zentral das Amtsgericht Charlottenburg zuständig ist.
Offensichtlich waren aber auch die jetzt bereits eingetragenen Gesellschaften selbst und ihre Berater sehr gut auf die mit dem neuen gesetzlichen Leitbild der rechtfähigen GbR i.S.d. § 705 Abs. 2 Var. 1 BGB einhergehende registerrechtliche Zeitenwende eingestellt. Soweit der im Gesellschaftsregister nach § 707 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) BGB eingetragene Name der eGbR unmittelbar das Betätigungsfeld visualisiert, dominieren bei kursorischer Durchsicht der Registereintragungen die Immobilien- und Vermögensverwaltungsgesellschaften. Ansonsten spiegeln die Namenseintragungen die vielfältige Palette der nach § 705 Abs. 1 BGB möglichen Gesellschaftszwecke wider.
II. Voreintragungserfordernisse als Grund für den Run auf die Registerplätze
Der starke Trend zur Eintragung in das Gesellschaftsregister beruht vor allem auf den zahlreichen im Rahmen des MoPeG zeitgleich statuierten Voreintragungserfordernissen, die zwar formal das Eintragswahlrecht des § 707 Abs. 1 BGB nicht tangieren, aber gesellschaftsrechtliche Transaktionen sowie Verfügungen im Grundstücksrecht bis zum Vollzug der Eintragung blockieren. So soll gem. § 47 Abs. 2 GBO für eine GbR ein Recht im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Eine GbR kann nach § 40 Abs. 1 Satz 3 GmbHG nur dann in die GmbH-Gesellschafterliste eingetragen und Veränderungen an ihrer Eintragung können nur vorgenommen werden, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Das Gleiche gilt gem. § 67 Abs. 1 Satz 3 AktG für die Eintragung im Aktienregister. Nach § 707a Abs. 1 Satz 2 BGB soll eine GbR als Gesellschafter einer anderen GbR nur eingetragen werden, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Diese Eintragungsobliegenheit gilt über § 105 Abs. 3 HGB auch für die Beteiligung der GbR an einer OHG und gem. § 161 Abs. 2 i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB für die Gesellschafterstellung in einer KG.
Zudem hängt auch die Möglichkeit der GbR, einen Statuswechsel nach § 707c BGB vornehmen zu können, von der Voreintragung im Gesellschaftsregister ab. Einen vom Verwaltungssitz abweichenden Vertragssitz können die Gesellschafter gem. § 706 Satz 2 BGB ebenfalls nur bei Vorliegen einer eingetragenen GbR vereinbaren. Gehören der noch nicht eingetragene GbR eine große Zahl von Gesellschaftern an, so bietet sich – zwecks Vermeidung praktischer Schwierigkeiten bei der Ersteintragung und bei der Pflege der Registrierung – die insbesondere bei der Kommanditgesellschaft anzutreffende Treuhandlösung an, bei der vom Treuhandgesellschafter (Treuhänder) die Kapitalbeteiligungen der Treugeber auf Grundlage von Treuhandverträgen in der Weise gebündelt werden, dass nur der Treuhänder eine Gesellschafterstellung innehat und demzufolge nur er gem. § 707 Abs. 2 Nr. 2 BGB in das Gesellschaftsregister einzutragen ist (vgl. zur Legitimität BGH v. 11.11.2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 = ZIP 2008, 2354; BGH v. 5.2.2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 = ZIP 2013, 570). Die Treugeber sind dann über den Treuhänder nur wirtschaftlich an der GbR beteiligt.
III. Vermeidung von Zeitverlusten bei Akutwerden einer gesellschaftsrechtlichen oder grundstücksrechtlichen Transaktion mit Beteiligung einer GbR
Solange eine nicht im Gesellschaftsregister eingetragene GbR, die nach altem Recht unter dem Namen ihrer Gesellschafter und einer Gesamtbezeichnung in einem Objektregister (insb. Grundbuch, GmbH-Gesellschafterliste, Aktienregister oder Handelsregister) als Inhaberin eines Rechts eingetragen ist, keine neue Verfügung über das betreffende Recht oder eine sonstige kraft Gesetzes voreintragungsrelevante Veränderung plant und sich daher also erst einmal „nicht bewegt“, muss zwar prima vista keine Registrierungseile konstatiert werden. Die registerlos vagabundierenden BGB-Gesellschaften und ihre Berater verlieren aber kostbare Zeit, wenn sich – u.U. auch unerwartet – die Notwendigkeit einer Transaktion ergibt, bei der die GbR als beteiligte Rechtsform nur im Falle einer Voreintragung im Gesellschaftsregister akzeptiert wird. Der Vollzug der eigentlich beabsichtigten Transaktion kann dann nämlich erst unter der Voraussetzung erfolgen, dass die Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister als für sie einschlägiges Subjektregister notariell und registerrechtlich abgewickelt ist, sodass ihre Eintragung im anvisierten Objektregister unter Angabe des Registergerichts und der Registernummer vorgenommen werden kann.
IV. Nachweis der Vertretungsmacht im Rechtsverkehr
Ein weiterer Grund für die starke Nachfrage hinsichtlich eines Platzes im Gesellschaftsregister ist sicherlich der Umstand, dass die als Geschäftsführer auftretenden Gesellschafter ansonsten ihre Vertretungsmacht nicht valide nachweisen können. Das MoPeG hält mit § 720 Abs. 1 BGB für die GbR am dispositiven Gesamtvertretungsmodell fest. Es müssen daher grundsätzlich alle Gesellschafter an der Vertretung der GbR beteiligt werden. Der Gesellschaftsvertrag kann zwar eine abweichende Vertretungsregelung vorsehen. Aber auch eine derartige Vertretungsregelung ist bei fehlender Eintragung im Gesellschaftsregister für den Rechtsverkehr nicht ohne weiteres ersichtlich. Der Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit einer nicht eingetragenen GbR ist daher für den potentiellen Vertragspartner generell gefährlich. Im Fall der Ausübung des Eintragungswahlrechts nach § 707 Abs. 1 BGB ist gem. § 707 Abs. 2 Nr. 3 BGB auch die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter zur Eintragung anzumelden (vgl. zu den Einzelheiten Wertenbruch, GmbHR 2024, 1 Rz. 8). Nach § 707a Abs. 3 BGB bewirkt die Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister, dass die Rechtsschein- und Vertrauensschutznorm des § 15 HGB mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden ist, dass das Fehlen der Kaufmannseigenschaft nicht an der Publizität des Gesellschaftsregisters teilnimmt (vgl. dazu Wertenbruch, GmbHR 2024, 1 Rz. 8). Der Rechtsverkehr kann sich in Bezug auf die Vertretungsmacht zwar nur eingeschränkt auf Angaben des agierenden Geschäftsführers und/oder eine von ihm vorgelegte Version des Gesellschaftsvertrags, aber nach Maßgabe des § 707a Abs. 3 BGB i.V.m. § 15 HGB auf die Eintragungen im Gesellschaftsregister verlassen.
V. Prüfungspflichten der Banken und sonstigen Verpflichteten i.S.d. § 2 GWG
Bei Kreditinstituten und sonstigen Verpflichteten i.S.d. § 2 Geldwäschegesetz (GWG) besteht in Bezug auf Geschäftsbeziehungen mit einer nicht eingetragenen GbR nicht nur die Problematik, dass deren geschäftsführende Gesellschafter ohne Registerauszug die gerade bei Bankgeschäften besonders bedeutsame Vertretungsmacht nicht valide nachweisen können. Hinzu kommt die Pflicht der Kreditinstitute und sonstigen Verpflichteten aus § 11 Abs. 1 GWG, vor Begründung der Geschäftsbeziehung oder vor Durchführung der Transaktion Vertragspartner, für diese auftretende Personen und wirtschaftlich Berechtigte zu identifizieren. Das GWG fordert zwar insoweit formal keine Voreintragung der GbR im Gesellschaftsregister; auch § 11 Abs. 4 Nr. 2 lit. c) GWG verlangt in Bezug auf die Rechtsform der GbR zumindest nicht ausdrücklich die Existenz einer Registernummer. Die Überprüfung der nach § 11 Abs. 4 GWG erhobenen Angaben hat aber gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 GWG bei juristischen Personen oder bei rechtsfähigen Personengesellschaften anhand eines Auszuges aus dem Handels- oder Genossenschaftsregister oder aus einem vergleichbaren amtlichen Register oder Verzeichnis zu erfolgen. Das neue Gesellschaftsregister ist ein „vergleichbares amtliches Register“ in diesem Sinne. Ohne Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister kann ein Kreditinstitut die Identitätsprüfung daher kaum zuverlässig vornehmen. Im Übrigen wird eine nicht eingetragene GbR aufgrund der momentan außerordentlich florierenden Eintragungspraxis dem kontaktierten Kreditinstitut nur schwer einen plausiblen Grund für das Abstandnehmen von einer Registrierung präsentieren können. Die Eintragung im Transparenzregister hängt gem. § 20 Abs. 1 GWG ebenfalls von der Registrierung der GbR im Gesellschaftsregister ab.