Einsetzung eines GmbH-Aufsichtsrats mithilfe von Öffnungsklauseln
Die Einsetzung eines Aufsichts- oder Beirats als Zusatzorgan einer GmbH bedarf notwendig einer Verankerung im Gesellschaftsvertrag. Einfache Beschlüsse oder schuldrechtliche Vereinbarungen genügen nicht, auch nicht für den Beirat, sofern ihm Organqualität zukommen soll (sog. organisationsrechtlicher Satzungsvorbehalt; vgl. dazu etwa Cziupka in Scholz, 12. Aufl. 2018, § 3 GmbHG Rz. 59).
Hinreichende Verankerung im Gesellschaftsvertrag kann aber bereits eine sog. Öffnungsklausel gewährleisten, die es den Gesellschaftern gestattet, zu gegebener Zeit durch Beschluss über das Ob und Wie des Zusatzorgans zu entscheiden. Die gesetzlichen Kautelen für Gesellschaftsvertragsänderungen (Beschlussfassung mit Dreiviertelmehrheit, notarielle Beurkundung sowie konstitutive Handelsregistereintragung nach Maßgabe der §§ 53, 54 GmbHG) sind für den Akt der Ausnutzung der Öffnungsklausel nicht zu beachten. Diese Wirkungs- und Reichweite statutarischer Öffnungsklauseln hat der BGH in seiner Entscheidung v. 2.7.2019 – II ZR 406/17 nun mit ausführlicher Begründung bestätigt und damit erhebliche Verunsicherung in der Praxis behoben, die eine anderslautende Entscheidung des Kammergerichts ausgelöst hatte (GmbHR 2018, 361, 365 f.: Beschluss in Ausnutzung der Öffnungsklausel müsse den Anforderungen an Gesellschaftsvertragsänderungen entsprechen, womit die Öffnungsklausel aber letztlich funktionslos bliebe; zutr. gegen die Entscheidung des Kammergerichts daher Otto, GmbHR 2016, 19; bei fehlerhaft eingesetzten Aufsichts- oder Beiräten hätte sich vor allem die Frage gestellt, wie zwischenzeitliche Beschlüsse dieser Zusatzorgane zu behandeln wären, dazu allg. Geißler, GmbHR 2019, 861; s. zur grundsätzlichen Unanwendbarkeit der Lehre vom fehlerhaft bestellten Organ auf Aufsichtsratsbeschlüsse bei der AG: BGHZ 196, 195 = AG 2013, 387 m. Besprechungsaufsatz Cziupka, DNotZ 2013, 579).
Der Beschlussmehrheit darf indes keine Blankoermächtigung zur formlosen Einsetzung eines belieben, nicht näher konturierten Zusatzorgans erteilt werden. Die groben Züge des potentiellen Zusatzorgans müssen daher bereits im Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck kommen, ebenso die maßgebenden Mehrheitserfordernisse für den Einsetzungsbeschluss – ansonsten führte der Einsetzungsbeschluss zu einem dauerhaft satzungswidrigen Zustand, sodass er nichtig, nicht nur anfechtbar wäre.
Die Stärkung der Bedeutung von Öffnungsklauseln durch den BGH schafft für die Praxis begrüßenswerte Flexibilität und ist auch dogmatisch überzeugend: Die Ausnutzung der Öffnungsklausel ist nicht selbst Gesellschaftsvertragsänderung, sondern bleibt ihrem Wesen nach einfacher Gesellschafterbeschluss. Damit wird die Satzungsautonomie nicht ausgehöhlt, vielmehr ihre Ausnutzung lediglich vorverlagert.