13.10.2017

BGH verurteilt Mediatorin zu Schadensersatz

Portrait von Prof. Dr. Reinhard Greger
Prof. Dr. Reinhard Greger RiBGH a.D., Universität Erlangen-Nürnberg

Ein soeben veröffentlichtes Urteil des BGH (IX ZR 34/17 vom 21.9.2017) könnte Mediatoren verschrecken: Nach diesem Urteil muss eine Mediatorin rund 32.000 Euro Schadensersatz leisten, weil sie nicht verhindert hat, dass eine Ehefrau im Rahmen eines Scheidungsvergleichs auf Ansprüche aus Versorgungsausgleich verzichtet hat.

Beim zweiten Hinsehen erkennt man aber sogleich, dass es sich hier nicht um eine übliche Mediationsdienstleistung gehandelt hat. Die "Mediatorin", eine Rechtsanwältin, war von den Eheleuten nicht damit beauftragt worden, eine einvernehmliche Konfliktlösung zu vermitteln. Der Auftrag an die als Schlichtungsstelle firmierende Anwältin bestand vielmehr ausschließlich darin, eine kostengünstige Ehescheidung zu organisieren. Dies tat sie durch Einschaltung zweier Anwälte, die nur formal die notwendigen Erklärungen bei Gericht abgeben sollten. Der erst im Gerichtstermin bevollmächtigte Anwalt der Ehefrau erklärte auf Grund lückenhafter und missverständlicher Informationen durch die "Mediatorin" den Verzicht auf Versorgungsausgleich. Dadurch entstand der Ehefrau ein Schaden von rund 64.000 Euro, für den der Anwalt und die "Mediatorin" nun je zur Hälfte aufkommen müssen.

Diese Quittung für eine unverantwortliche Prozess-Trickserei (für die der Anwalt der Ehefrau übrigens ein Honorar von 100 Euro erhielt!) ist zweifellos verdient. Fatal an der Entscheidung ist aber, dass der BGH, dem Sprachgebrauch der Beteiligten folgend, die Tätigkeit der Scheidungsmanagerin als Mediation qualifiziert hat. Er führt wörtlich aus: "Als Anwaltsmediatorin hatte die Beklagte die Belehrungen und Hinweise zu erteilen, die in der konkreten Situation einem Anwalt obliegen ... und für deren Richtigkeit einzustehen". Sie hätte die tatsächlichen Grundlagen für etwaige Versorgungsausgleichsansprüche ermitteln und "die von ihr für die Vertretung der Eheleute eingesetzten Rechtsanwälte vor Anrufung des Gerichts zutreffend und umfassend über den Stand des Einigungsversuchs und die für die Bemessung des Versorgungsausgleichs fehlenden tatsächlichen Grundlagen informieren müssen".

Zu verdeutlichen, dass der BGH hier mitnichten die Pflichten umrissen hat, die den Mediator bei einer Konfliktvermittlung im Sinne des Mediationsgesetzes treffen, wird einige Mühen kosten. Die Klärung von Ansprüchen ist ebenso wenig wie die Einschaltung und Information von Rechtsanwälten Aufgabe des Mediators, ja mit seiner Stellung überhaupt unvereinbar. Es ist beklagenswert, dass mit dem Mediationsbegriff nicht nur im allgemeinen Sprachgebrauch, sondern auch bei den Gerichten so nachlässig und irreführend umgegangen wird. Ein gesetzlicher Schutz dieser Bezeichnung wird immer dringender.

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