19.06.2021

Neues zur Mediation in der Unternehmenskrise

Portrait von Dr. Jörg Schneider-Brodtmann
Dr. Jörg Schneider-Brodtmann Rechtsanwalt und Mediator, Menold Bezler, Stuttgart

Das Anfang 2021 in Kraft getretene Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) schafft erstmals einen gesetzlichen Rahmen für die außergerichtliche Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen im Falle einer drohenden Insolvenz. Dieser schließt die bisher bestehende Lücke zwischen dem Insolvenzfahren als einem rechtsförmlichen und integrierten Gesamtverfahren und der in Deutschland bisher nicht gesetzlich geregelten außergerichtlichen „freien“ Sanierung als einem parteiautonomen und rein konsensualen Verfahren.

Mit dem Gesetz werden zwei neuen Rollen geschaffen: der (obligatorische oder fakultative) Restrukturierungsbeauftragte und der Sanierungsmoderator. Der obligatorische Restrukturierungs­beauftragte wird in bestimmten, vom Gesetz vorgegebenen Fällen von Amts wegen bestellt, der fakultative Restrukturierungsbeauftragte ebenso wie der Sanierungsmoderator nur auf Antrag des Schuldners oder einer Gruppe von Gläubigern. Restrukturierungsbeauftragter kann nur ein in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrener Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt oder eine sonstige natürliche Person mit vergleichbarer Qualifikation sein. Demgegen­über muss der Sanierungsmoderator lediglich „geschäftskundig“ und von den Beteiligten unabhängig sein.

Der fakultative Restrukturierungsbeauftragte und der Sanierungsmoderator sind im Unterschied zum obligatorischen Restrukturierungsbeauftragte insoweit am Leitbild eines Mediators orientiert, als sie primär Aufgaben zur Verhandlungsförderung und Vermittlung zwischen den Beteiligten wahrnehmen. Nach dem vom StaRUG geprägten Rollenbild, welches weitere Aufgaben bis hin zur Überwachung des Schuldners und Verwaltung seines Vermögens umfasst, sind jedoch weder der fakultative Restrukturierungsbeauftragte noch der Sanierungsmoderator als „echte“ Mediatoren im Sinne des Mediationsgesetzes anzusehen. Gleichwohl ist zu erwarten, dass sich der Erwerb mediativer Fähigkeiten durch diejenigen Personen, die diese Ämter künftig ausüben, im Hinblick auf die verhandlungsfördernden und vermittelnden Aspekte ihrer Tätigkeit als echter Mehrwert erweisen wird.

Auch außerhalb der formalen Rolle als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator gibt es interessante Tätigkeitsfelder für Mediatoren in der Unternehmenskrise. Neben dem „klassischen“ Einsatz als externer Mediator zur kurativen Bearbeitung akut auftretender Konflikte zwischen den Beteiligten kommt insbesondere auch eine verhandlungsbegleitende, präventiv wirkende Tätigkeit als Sanierungsmediator in Betracht. Auch wenn ein solcher Sanierungsmediator nicht die formalen Anforderungen an einen Restrukturierungsbeauftragten oder Sanierungs­moderatoren nach dem StaRUG erfüllen muss, dürfte der Erwerb spezifischer Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen unumgänglich sein, um dieser Aufgabe inhaltlich gerecht zu werden.

Ausführlich setze ich mich mit der Thematik in meinem Beitrag "Mediation in der Unternehmenskrise – Neue Impulse durch das StaRUG" in der aktuellen Ausgabe der ZKM auseinander, nachzulesen in ZKM 2021, 89 ff.

 

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