Anforderungen an elektronisch eingereichte Schriftsätze
BAG v. 25.8.2022 - 6 AZR 499/21
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die formwirksame Erhebung einer Kündigungsschutzklage sowie über deren nachträgliche Zulassung.
Der leitenden Angestellten im Bereich Finanzen & Controlling war am 26.2.2020 gekündigt worden. Am 17.3.2020 erhob der Anwalt der Angestellten Kündigungsschutzklage vor dem ArbG - allerdings per Telefax, weil er Probleme mit dem beA hatte.
Nachdem ihn das ArbG darauf hingewiesen hatte, dass die Klage unzulässig sein könnte, übermittelte er am 18.3.202, dem letzten Tag der Klagefrist, ein weiteres Dokument - dieses Mal jedoch im Word-Format.
Erst am 27.32020 wurde auf elektronischem Wege im Dateiformat PDF eine weitere Klageschrift übermittelt. Dabei erfolgte jedoch keine Glaubhaftmachung der inhaltlichen Übereinstimmung dieser Klageschrift mit derjenigen vom 18.3.2020.
ArbG und LAG wiesen die Kündigungsschutzklage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BAG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Die Kündigungsschutzklage ist nicht fristgerecht in formwirksamer Weise beim ArbG eingegangen. Die Klägerin hat weder durch die per Telefax am 17.3.2020 beim ArbG eingegangene Klageschrift noch durch die in der Folge auf elektronischem Wege übermittelten Klageschriftsätze die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt.
Auf den Rechtsstreit findet das bis zum 31.12.2021 geltende Recht und damit § 46c ArbGG sowie § 46g ArbGG Anwendung.
Die streitgegenständliche Kündigung wurde der Klägerin am Mittwoch, dem 26.2.2020, ausgehändigt. Die Frist des § 4 Satz 1 KSchG endete damit am Mittwoch, dem 18.3.2020 (§ 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1 BGB).
Die Frist des § 4 Satz 1 KSchG wurde nicht durch die per Telefax beim ArbG am 17.3.2020 eingereichte Klageschrift gewahrt. Der anwaltliche Vertreter der Klägerin war verpflichtet, die Klageschrift als elektronisches Dokument beim ArbG einzureichen, weil das Land Schleswig-Holstein, in dem die Klage erhoben wurde, von der Öffnungsklausel nach Art. 24 Abs. 2 Satz 1 ERVGerFöG Gebrauch gemacht und mit § 1 ERNPflV die Bestimmung des Art. 3 Nr. 5 ERVGerFöG und damit der Sache nach § 46g ArbGG bereits mit Wirkung zum 1.1.2020 in Kraft gesetzt hatte.
Die Klägerin hat die vorübergehende technische Unmöglichkeit einer Übermittlung des Schriftsatzes auf elektronischem Wege nicht gemäß § 46g Satz 4 ArbGG rechtzeitig glaubhaft gemacht. Vorliegend fehlt es für eine wirksame Ersatzeinreichung iSd. § 46g Satz 3 ArbGG an einer rechtzeitigen Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Störung nach § 46g Satz 4 ArbGG am 17.3.2020. Die Glaubhaftmachung ist weder zeitgleich mit der Ersatzeinreichung im Wege des Telefaxes vorgenommen noch eine solche unverzüglich nachgereicht worden.
Die Kündigungsschutzklage ist auch nicht am 18.3.2020, dem letzten Tag der Frist nach § 4 Satz 1 KSchG, fristwahrend an das ArbG übermittelt worden. Das auf elektronischem Wege als Word-Datei eingereichte Dokument erfüllt nicht die Anforderungen an eine formwirksame Einreichung iSv. § 46c Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ArbGG iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV aF, da es nicht im Dateiformat PDF übermittelt worden ist.
Das gilt auch, wenn das Gericht ein IT-System nutzt, das im konkreten Fall die Bearbeitung eines solchen Dokuments zulässt. Der Gesetzgeber hat die für die Bearbeitung der elektronischen Dokumente maßgeblichen Anforderungen bundeseinheitlich und verbindlich festgelegt und hierdurch Rechtssicherheit in der elektronischen Kommunikation mit der Justiz geschaffen. Der Gesetzgeber hat sich bewusst gerade für das Dateiformat PDF entschieden, weil dieses von den verbreiteten Computersystemen gelesen und regelmäßig ohne Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes dargestellt werden kann. Es bietet Schutz vor Schadsoftware, ist barrierefrei und auch insoweit für die Kommunikation im elektronischen Rechtsverkehr gut geeignet. Bereits dieser eindeutig erkennbare Wille des Gesetzgebers steht der von der Klägerin angestrebten teleologischen Reduktion der Formanforderungen des § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV aF entgegen.
Der in der Übermittlung der Word-Datei liegende Formmangel gilt auch nicht durch die Einreichung der erneuten Klageschrift am 27.3.2020 gemäß § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG rückwirkend zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift am 18.3.2020 als geheilt. Zwar wurde am 27.3.2020 eine Klageschrift im Dateiformat PDF eingereicht. Allerdings wurde nicht glaubhaft gemacht, dass dieser Schriftsatz vom 27.3.2020 inhaltlich mit der Klageschrift vom 18.3.2020 übereinstimmt. Dieses Erfordernis war auch nicht entbehrlich.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
Anforderungen an das Dateiformat in elektronischer Form eingereichter Schriftsätze Begriff der unverzüglichen Nachreichung im Sinne von § 130a Abs. 6 S. 2 ZPO
Hessisches LAG vom 31.12.2021 - 6 SA 1370/20
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Die Parteien streiten über die formwirksame Erhebung einer Kündigungsschutzklage sowie über deren nachträgliche Zulassung.
Der leitenden Angestellten im Bereich Finanzen & Controlling war am 26.2.2020 gekündigt worden. Am 17.3.2020 erhob der Anwalt der Angestellten Kündigungsschutzklage vor dem ArbG - allerdings per Telefax, weil er Probleme mit dem beA hatte.
Nachdem ihn das ArbG darauf hingewiesen hatte, dass die Klage unzulässig sein könnte, übermittelte er am 18.3.202, dem letzten Tag der Klagefrist, ein weiteres Dokument - dieses Mal jedoch im Word-Format.
Erst am 27.32020 wurde auf elektronischem Wege im Dateiformat PDF eine weitere Klageschrift übermittelt. Dabei erfolgte jedoch keine Glaubhaftmachung der inhaltlichen Übereinstimmung dieser Klageschrift mit derjenigen vom 18.3.2020.
ArbG und LAG wiesen die Kündigungsschutzklage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BAG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Die Kündigungsschutzklage ist nicht fristgerecht in formwirksamer Weise beim ArbG eingegangen. Die Klägerin hat weder durch die per Telefax am 17.3.2020 beim ArbG eingegangene Klageschrift noch durch die in der Folge auf elektronischem Wege übermittelten Klageschriftsätze die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt.
Auf den Rechtsstreit findet das bis zum 31.12.2021 geltende Recht und damit § 46c ArbGG sowie § 46g ArbGG Anwendung.
Die streitgegenständliche Kündigung wurde der Klägerin am Mittwoch, dem 26.2.2020, ausgehändigt. Die Frist des § 4 Satz 1 KSchG endete damit am Mittwoch, dem 18.3.2020 (§ 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1 BGB).
Die Frist des § 4 Satz 1 KSchG wurde nicht durch die per Telefax beim ArbG am 17.3.2020 eingereichte Klageschrift gewahrt. Der anwaltliche Vertreter der Klägerin war verpflichtet, die Klageschrift als elektronisches Dokument beim ArbG einzureichen, weil das Land Schleswig-Holstein, in dem die Klage erhoben wurde, von der Öffnungsklausel nach Art. 24 Abs. 2 Satz 1 ERVGerFöG Gebrauch gemacht und mit § 1 ERNPflV die Bestimmung des Art. 3 Nr. 5 ERVGerFöG und damit der Sache nach § 46g ArbGG bereits mit Wirkung zum 1.1.2020 in Kraft gesetzt hatte.
Die Klägerin hat die vorübergehende technische Unmöglichkeit einer Übermittlung des Schriftsatzes auf elektronischem Wege nicht gemäß § 46g Satz 4 ArbGG rechtzeitig glaubhaft gemacht. Vorliegend fehlt es für eine wirksame Ersatzeinreichung iSd. § 46g Satz 3 ArbGG an einer rechtzeitigen Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Störung nach § 46g Satz 4 ArbGG am 17.3.2020. Die Glaubhaftmachung ist weder zeitgleich mit der Ersatzeinreichung im Wege des Telefaxes vorgenommen noch eine solche unverzüglich nachgereicht worden.
Die Kündigungsschutzklage ist auch nicht am 18.3.2020, dem letzten Tag der Frist nach § 4 Satz 1 KSchG, fristwahrend an das ArbG übermittelt worden. Das auf elektronischem Wege als Word-Datei eingereichte Dokument erfüllt nicht die Anforderungen an eine formwirksame Einreichung iSv. § 46c Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ArbGG iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV aF, da es nicht im Dateiformat PDF übermittelt worden ist.
Das gilt auch, wenn das Gericht ein IT-System nutzt, das im konkreten Fall die Bearbeitung eines solchen Dokuments zulässt. Der Gesetzgeber hat die für die Bearbeitung der elektronischen Dokumente maßgeblichen Anforderungen bundeseinheitlich und verbindlich festgelegt und hierdurch Rechtssicherheit in der elektronischen Kommunikation mit der Justiz geschaffen. Der Gesetzgeber hat sich bewusst gerade für das Dateiformat PDF entschieden, weil dieses von den verbreiteten Computersystemen gelesen und regelmäßig ohne Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes dargestellt werden kann. Es bietet Schutz vor Schadsoftware, ist barrierefrei und auch insoweit für die Kommunikation im elektronischen Rechtsverkehr gut geeignet. Bereits dieser eindeutig erkennbare Wille des Gesetzgebers steht der von der Klägerin angestrebten teleologischen Reduktion der Formanforderungen des § 46c Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV aF entgegen.
Der in der Übermittlung der Word-Datei liegende Formmangel gilt auch nicht durch die Einreichung der erneuten Klageschrift am 27.3.2020 gemäß § 46c Abs. 6 Satz 2 ArbGG rückwirkend zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift am 18.3.2020 als geheilt. Zwar wurde am 27.3.2020 eine Klageschrift im Dateiformat PDF eingereicht. Allerdings wurde nicht glaubhaft gemacht, dass dieser Schriftsatz vom 27.3.2020 inhaltlich mit der Klageschrift vom 18.3.2020 übereinstimmt. Dieses Erfordernis war auch nicht entbehrlich.
Rechtsprechung:
Anforderungen an das Dateiformat in elektronischer Form eingereichter Schriftsätze Begriff der unverzüglichen Nachreichung im Sinne von § 130a Abs. 6 S. 2 ZPO
Hessisches LAG vom 31.12.2021 - 6 SA 1370/20
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