19.04.2018

Antrag auf Feststellung der Nichtanwendbarkeit einer Betriebsvereinbarung ist unzulässig

Für das Feststellungsbegehren ist nach § 256 Abs. 1 ZPO ein besonderes Feststellungsinteresse erforderlich. Es ist nicht gegeben, wenn die begehrte Feststellung zu keiner Klärung des zwischen den Parteien bestehenden Streits führen kann. Das ist etwa der Fall bei einem negativen Feststellungsantrag darauf, dass eine bestimmte Betriebsvereinbarung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anzuwenden ist.

BAG 20.2.2018, 1 AZR 361/16
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind bei der Beklagten, in deren Betrieb ein einköpfiger Betriebsrat gewählt war, als Fahrer beschäftigt. Am 11.2.2014 beschloss eine im Betrieb gebildete Einigungsstelle die Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitgestaltung und Einführung eines flexiblen Arbeitszeitmodells (BV Arbeitszeit). Die BV Arbeitszeit enthielt Regelungen zum Arbeitszeitkonto, Überstunden und deren Ausgleich. In den Schlussbestimmunen der BV war geregelt, dass sie am 1.3.2014 in Kraft tritt und mit einer dreimonatigen Frist zum Monatsende gekündigt werden kann sowie in allen Bestandteilen nachwirkt.

Am 15.2.2014 kündigte das einzige Betriebsratsmitglied die BV Arbeitszeit zum 31.5.2014. Danach schied es aus dem Arbeitsverhältnis aus. Ein Betriebsrat wurde nicht mehr gewählt. Im Folgenden berief die Beklagte sich auf die Umsetzung der ihrer Auffassung nach nachwirkenden BV Arbeitszeit bei vorgerichtlichen Auseinandersetzungen über Mehrarbeit und einer täglichen Mindestarbeitszeit.

Die Kläger sind der Ansicht, die BV Arbeitszeit sei auf ihre Arbeitsverhältnisse nicht anzuwenden. Mit dem Wegfall des Betriebsrats scheide eine Nachwirkung aus. Nachdem sie erstinstanzlich die Verurteilung der Beklagten begehrten, sie zu bestimmten Konditionen die Arbeitszeit betreffend zu beschäftigen, beantragten sie zuletzt festzustellen, dass die BV Arbeitszeit vom 11.2.2014 auf ihr Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet. Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das LAG hat im Ergebnis zu Recht das in der Berufung angebrachte und in der Revision allein noch streitgegenständliche Feststellungsbegehren abgewiesen. Dieser Antrag ist entgegen der Auffassung des LAG bereits unzulässig, da es an dem von § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzten Interesse an alsbaldiger Feststellung des erstrebten Inhalts fehlt.

Für die Zulässigkeit eines Feststellungantrags ist nach § 256 Abs. 1 ZPO ein besonderes rechtliches Interesse daran erforderlich, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das besondere Feststellungsinteresse ist nicht gegeben, wenn durch eine Feststellung eine sachgemäße oder erschöpfende Streitlösung nicht erzielt würde und die Rechtsunsicherheit weiterhin bestehen bleibt.

Im Streitfall kommt der beantragten Feststellung keine Befriedigungsfunktion zu, denn mit ihrem negativen Feststellungsantrag wollen die Kläger festgestellt wissen, dass die BV Arbeitszeit auf ihre Arbeitsverhältnisse keine Anwendung findet. Mit der Entscheidung darüber gibt es keine Klärung der streitigen Fragen. Die Beklagte beruft sich zwar auf die BV Arbeitszeit, ihre praktizierte Handhabung zur Arbeitszeitverteilung und Mehrarbeitsvergütung - gegen die sich die Kläger wenden - ist aber eine andere.

Die BV Arbeitszeit ist mit dem Wegfall des Betriebsrats gegenstandslos, weil die an die Existenz des Betriebsrats anknüpfenden Bestimmungen ins Leere gehen. Die Beklagte macht nun letztlich von ihrem Weisungsrecht Gebrauch. Daher bliebe bei einer gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich des Feststellungsbegehrens ungeklärt, in welchem zeitlichen Umfang die Beklagte Arbeit zuweisen darf oder muss und dann die Mehrarbeitsvergütung fällig ist. Einzelne Leistungsklagen würden nicht vermieden.

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