Arbeitnehmer müssen Lohnzahlungen eines Dritten bei Insolvenz ihres Arbeitgebers regelmäßig zurückzahlen
BAG 21.11.2013, 6 AZR 159/12Der Kläger war bis zum 31.1.2009 bei der Schuldnerin als Polier beschäftigt. Die Schuldnerin führte hauptsächlich Aufträge seines Schwesterunternehmens aus, das den gleichen alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer sowie denselben Geschäftssitz mit demselben Geschäftsraum hatte; die Unternehmen führten zudem Verrechnungskonten.
Die Schwestergesellschaft zahlte dem Kläger im Zeitraum von August 2008 bis Januar 2009 rückständiges Entgelt. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde - ebenso wie über das Vermögen der Schwestergesellschaft - auf Antrag vom 19.1.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der zum Insolvenzverwalter bestellte Beklagte focht mit seiner Widerklage die Gehaltszahlungen u.a. nach § 131 InsO an und verlangte die Rückzahlung zur Masse.
Der Kläger bestritt vor allem, Kenntnis von einem etwaigen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt zu haben. Er habe die Zahlungen nicht als verdächtig empfunden, weil Lohnzahlungen durch das Schwesterunternehmen nicht unüblich gewesen seien und er auch für dieses tätig geworden sei.
Das Arbeitsgericht gab der Widerklage statt; das LAG nahm eine kongruente Deckung an und wies die Klage deshalb ab. Auf die Revision des Beklagten hob das BAG das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.
Die Gründe:
Es kann noch nicht abschließend entschieden werden, ob der Beklagte die Lohnzahlungen, die der Kläger von der Schwestergesellschaft seiner Arbeitgeberin erhalten hat, wirksam gem. § 131 InsO angefochten hat und daher ein Rückzahlungsanspruch besteht.
Die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung nach § 131 InsO setzt u.a. voraus, dass eine Forderung eines Insolvenzgläubigers erfüllt worden ist, ohne dass er dies "in der Art" beanspruchen konnte. Dann liegt eine inkongruente Deckung vor. Weist der Schuldner einen Dritten an, die geschuldete Leistung gegenüber dem Gläubiger zu erbringen, bewirkt die Zahlung im Regelfall eine inkongruente Deckung, weil die Erfüllung nicht "in der Art" erfolgt, in der sie geschuldet ist. Das gilt auch, wenn der Schuldner und der Dritte Schwesterunternehmen sind oder einen Gemeinschaftsbetrieb unterhalten.
Nach diesen Grundsätzen hat das LAG hier zu Unrecht angenommen, dass eine kongruente Deckung deshalb vorliege, weil die Unternehmen im Ergebnis alles aus einem "Topf" entnommen hätten. Diese Annahme widerspricht wesentlichen Grundgedanken des Insolvenzverfahrens, das rechtsträgerbezogen ausgestaltet ist.
Die Sache ist allerdings noch nicht entscheidungsreif. Das LAG wird im zweiten Rechtsgang noch aufzuklären haben, ob eine Gläubigerbenachteiligung erfolgt ist, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und ob weitere Anfechtungstatbestände erfüllt sind.
Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.