Arbeitslose riskieren bei Nichtannahme einer schlecht vergüteten Tätigkeit Einbußen beim Arbeitslosengeld
BSG 2.5.2012, B 11 AL 18/11 RDie Klägerin bezog seit Juli 2002 Arbeitslosenhilfe. Sie erhielt von der beklagten Bundesagentur für Arbeit ein Stellenangebot zum 24.10.2002. Beim Vorstellungsgespräch erklärte sie, der angebotene Stundenlohn von 5,37 Euro sei zu gering und sie wolle noch das Ergebnis zweier weiterer Bewerbungen abwarten. Daraufhin stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 25.10.2002 bis 16.1.2003 fest und forderte überzahlte Leistungen i.H.v. insgesamt 825,45 Euro zurück.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass der Stundenlohn so niedrig gewesen sei, dass die Annahme der Stelle unzumutbar gewesen sei. Im Übrigen sei in ihrem Fall die seit dem 1.1.2003 geltende Neufassung des SGB III anwendbar mit der Folge, dass die Sperrzeit keine zwölf Wochen betragen dürfe. Das SG reduzierte die Sperrzeit auf drei Wochen; das LSG wies die Klage dagegen vollumfänglich ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das LSG hat die Sperrzeitfeststellung und Aufhebungsentscheidung der Beklagten zutreffend bestätigt.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitslose ohne wichtigen Grund versicherungswidrig verhalten hat. Ein versicherungswidriges Verhalten liegt gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III u.a. vor, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin ist darüber belehrt worden, dass bei Nichtannahme der angebotenen Beschäftigung ohne wichtigen Grund eine Sperrzeit eintritt. Dennoch hat sie das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit der Firma H. verhindert. Die Klägerin kann sich für ihr Verhalten auch nicht auf einen wichtigen Grund berufen. Die angebotene Arbeit zu einem Stundenlohn von 5,37 Euro war ihr zumutbar i.S.v. § 121 SGB III. Insbesondere unterschritt das erzielbare Nettoeinkommen nicht die ihr bewilligte Arbeitslosenhilfe.
Die Beklagte hat auch zu Recht eine Sperrzeit von zwölf Wochen festgestellt. Für die Frage, ob die alte oder neue Fassung des SGB III anwendbar ist, kommt es - entgegen der Auffassung des SG - auf das sperrzeitbegründende Ereignis (hier: die Ablehnung der Stelle im Oktober 2002) an und nicht darauf, ob die Sperrzeit bei Inkrafttreten der Neuregelung noch lief. Folglich ist hier die alte Fassung von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III anwendbar. Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendbarkeit des alten Rechts. Allein in der Anwendung des damals geltenden Rechts liegt keine besondere Härte i.S.v. § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F.