05.07.2018

Arbeitslosengeldbezug bei Rente ab 63 nur bei vollständiger Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers auf die Wartezeit anrechenbar

Der Arbeitslosengeldbezug ist in den letzten beiden Jahren vor Rentenbeginn auf die 45-jährige Wartezeit für die sog. Rente ab 63 grundsätzlich auch dann nicht anrechnungsfähig, wenn der Bezug vor dem Inkrafttreten der dies regelnden Norm am 1.7.2014 liegt. Zudem liegt eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers als Voraussetzung für die ausnahmsweise mögliche Anrechenbarkeit auf die Wartezeit nur dann vor, wenn das gesamte Unternehmen des Arbeitgebers als Basis vorhandener Beschäftigungen wegfällt.

BSG 28.6.2018, B 5 R 25/17 R
Der Sachverhalt:
Der im Februar 1951 geborene Kläger arbeitete zuletzt bei einem Unternehmen, das mehrere hundert Standorte in Deutschland betreibt. Der Standort, an dem der Kläger tätig war, wurde aufgrund betriebsorganisatorischer Veränderungen geschlossen. Dem Kläger wurde sodann aus dringenden betrieblichen Gründen zum 31.12.2012 gekündigt. Von Januar 2013 bis Juni 2014 bezog der Kläger Arbeitslosengeld.

Der beklagte Rentenversicherungsträger lehnte die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 1.7.2014 ab, weil der Kläger die 45-jährige Wartezeit nicht erfüllt habe. Bis Ende Dezember 2012 habe er nur 536 Monate zurückgelegt, die auf die Wartezeit angerechnet werden könnten. Die Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges in den letzten zwei Jahren vor dem gewünschten Rentenbeginn seien nicht berücksichtigungsfähig, da keine vollständige Geschäftsaufgabe seines Arbeitgebers vorläge.

Die dagegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Die sog. Rente ab 63 setzt u.a. die Erfüllung einer 45-jährigen Wartezeit voraus. Auf diese werden grundsätzlich Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges angerechnet, es sei denn dieser erfolgt in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn. Von der Ausnahme sind die Fälle wiederrum ausgenommen, in denen der Leistungsbezug durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt ist. In diesen Fällen ist eine Anrechnung auf die Wartezeit möglich.

Der Begriff der vollständigen Geschäftsaufgabe ist im Gesetz nicht näher festgelegt. Er ist auch durch den Sprachgebrauch nicht eindeutig bestimmbar. Daher ist der Begriff insbesondere nach Sinn und Zweck der Norm i.S.d. Wegfalls des gesamten Unternehmens als der rechtliche Arbeitgeber zu verstehen, um einen Missbrauch von Frühverrentung von Anfang an auszuschließen. Für diese Auslegung sprechen auch systematische Bezüge zum rechtlich gleichgeordneten Rückausnahmetatbestand der Insolvenz (vgl. BSG 17.8.2017, B 5 R 8/16 R).

Die genannten Regelungen (§ 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3 Buchst. a SGB VI) begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Linkhinweis:
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BSG PM Nr. 38/2018 vom 29.6.2018
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