"Arbeitszeitbetrug" rechtfertigt nicht ohne Weiteres eine verhaltensbedingte Kündigung
LAG Berlin-Brandenburg 13.6.2012, 15 Sa 407/12Der Kläger ist Fertigungsleiter im Produktionsbetrieb der Beklagten. Die Arbeitszeit wird elektronisch erfasst.
Anfang November 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos. Als Kündigungsgrund gab die Beklagte "Arbeitszeitbetrug" an. Der Kläger habe sich an vier Tagen im August 2011 während der Arbeitszeit vom Betriebsgelände entfernt, ohne sich vorher auszuloggen. Hilfsweise kündigte die Beklagte ordentlich.
Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage des Klägers statt. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg.
Die Gründe:
Es kann offenbleiben, ob eine außerordentliche Kündigung möglich gewesen wäre. Nicht jede Falschangabe in der elektronischen Zeiterfassung rechtfertigt eine verhaltensbedingte Kündigung gem. § 1 KSchG. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer - wie hier - zur Ableistung von zehn Überstunden verpflichtet und das Kontingent nicht ausgeschöpft ist.
Aus dem Zeiterfassungsbogen für August 2011 ergibt sich, dass der Kläger insgesamt sechs Stunden und 17 Minuten über dem arbeitstäglichen Soll von acht Stunden tätig gewesen ist. Damit konnte es zu keinem Schaden kommen, da der Kläger jedenfalls bis zu zehn Überstunden ohne weitere Vergütung hätte leisten müssen.
Im Übrigen ist bezüglich der Zeiten, die der Kläger sich vom Betriebsgelände entfernt hat, von je 15 Minuten pro Tag auszugehen, so dass insgesamt nur eine Fehlzeit von 60 Minuten entstanden ist. Selbst ohne die Überstundenregelung hätte der maximale Schaden also lediglich einen Stundenlohn i.H.v. 9,81 Euro brutto betragen.
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