21.05.2014

Ausschluss von Sozialleistungen für Arbeitsuchende aus der EU ist mit dem Unionsrecht vereinbar

Nach Auffassung des EuGH-Generalanwalts Melchior Wathelet stehen die deutschen Rechtsvorschriften des SGB II, nach denen EU-Ausländern Sozialleistungen verweigert werden dürfen, wenn sie nur zum Zweck der Beschäftigungssuche oder des Bezugs von Sozialhilfe einreisen, im Einklang mit dem Unionsrecht. Sie verhindern in legitimer Weise den Missbrauch und die übermäßige Belastung des Sozialhilfesystems.

EuGH-Generalanwalt 20.5.2014, C-333/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin und ihr minderjähriger Sohn, beide rumänische Staatsangehörige, beantragten beim beklagten Jobcenter Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Die Klägerin war bislang weder in Rumänien noch in Deutschland erwerbstätig gewesen und bemühte sich auch nicht, eine Beschäftigung zu finden.

Der Beklagte verweigerte die Sozialleistungen unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Nach dieser Vorschrift erhalten Ausländer keine Leistungen nach dem SGB II, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt.

Das SG Leipzig setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob § 7 SGB II mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Der Generalanwalt Melchior Wathelet hat nun dem EuGH vorgeschlagen, den Ausschluss von Sozialleistungen im Fall des Fehlens einer tatsächlichen Verbindung zum Aufnahmemitgliedstaat für unionsrechtskonform zu erklären.

Die Gründe:
Eine Regelung, nach der Leistungen der Grundsicherung Personen verweigert werden können, die sich nicht in den Arbeitsmarkt integrieren wollen und nur deshalb nach Deutschland kommen, um Nutzen aus dem deutschen Sozialhilfesystem zu ziehen, steht im Einklang mit dem Willen des Unionsgesetzgebers.

Sie verstößt nicht gegen Unionsrecht, sofern mit einem allgemeinen Kriterium das Fehlen einer tatsächlichen Verbindung mit dem Aufnahmemitgliedstaat nachgewiesen werden kann. Auch die Richtlinie 2004/38/ EG (Freizügigkeitsrichtlinie) sieht vor, dass EU-Bürger bei längerem Aufenthalt über ausreichend Existenzmittel verfügen müssen, um nicht Sozialleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch zu nehmen.

Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfüllt diese Voraussetzungen. Sie dient dazu, die wirtschaftliche Lebensfähigkeit des deutschen Sozialhilfesystems sicherzustellen sowie eine gewisse Form von "Sozialtourismus" zu verhindern, und knüpft zu diesem Zweck zulässigerweise an den Einreisegrund an.

Hinweis:
Die Schlussanträge eines Generalanwalts sind für den EuGH nicht bindend; meist folgt der EuGH allerdings dem Schlussantrag.

Linkhinweis:
Für den auf der Homepage des EuGH veröffentlichten Vorschlag des Generalanwalts im Volltext klicken Sie bitte hier.

EuGH PM 74/14 vom 20.5.2014
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