Betriebsrat: Bereitstellung eines separaten Telefon- und Internetanschlusses ist nicht selbstverständlich
LAG Niedersachsen 30.7.2014, 16 TaBV 92/13Der Arbeitgeber gehört zu einem Konzern und unterhält u.a. in A. einen Betrieb mit ca. 65 Arbeitnehmern, in dem der antragstellende fünfköpfige Betriebsrat gewählt wurde. In den Konzerngesellschaften werden Telefonanlagen des Typs Hipath 3000 eingesetzt, die so eingestellt werden können, dass die Verkehrsdaten mit vollständigen Zielnummern gespeichert und personenbezogen ausgewertet werden können. Die einzelnen Anlagen können gekoppelt sowie zentral konfiguriert und verwaltet werden. Das Betriebsratsbüro in A. ist mit einem Nebenstellenanschluss ausgestattet.
Neben einem mobilen Telefon stehen dem Betriebsrat noch ein PC und ein Laptop zur Verfügung. Der Internetzugang wird konzernweit über einen Proxyserver bei der Konzernzentrale vermittelt. Von dort kann der Zugang verwaltet und überwacht werden. Es ist möglich, User- und zumindest IP-Adressen und alle URLs der Browserzugriffe zu protokollieren und personenbezogen auszuwerten. Die Emailpostspeicher können von Administratoren gelesen werden, aufgrund von Backups auch gelöschte E-Mails. Es werden Emailfilter eingesetzt, deshalb kann der Betriebsrat bisher nicht auf die Seiten von "youtube" und "eRecht24" zugreifen.
Der Betriebsrat war der Ansicht, dass ihm ein separater Telefon- und Internetzugang zur Verfügung gestellt werden müsse. Der Arbeitgeber verwies darauf, dass dem Betriebsrat der gleiche Telefonanschluss und Internetzugang zur Verfügung stehe, wie den Geschäftsführern und den anderen zugangsberechtigten Arbeitnehmern. Die Telefon und Internetdaten würden nicht überwacht.
Das ArbG wies die Anträge zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrates blieb vor dem LAG erfolglos. Allerdings wurde im Hinblick auf §§ 92a S. 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Die Gründe:
Der Betriebsrat kann keinen separaten Telefonanspruch beanspruchen. Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel auf Grund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigte Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat.
Der betriebsübliche Telefonanschluss im vorliegenden Fall ist für die Erledigung der Aufgaben des Betriebsrates ausreichend. Ein eigener separater Amtsanschluss würde zusätzliche Kosten verursachen. Zudem kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen, dass sein Telefonanschluss unkontrolliert bleibt, indem die Aufzeichnung der Verkehrsdaten seines Nebenstellenanschlusses unterdrückt und deren Auswertung verboten werden. Zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung ist der Arbeitgeber laut Beschwerdeanhörung durchaus bereit.
Der Betriebsrat kann auch keinen separaten Internetzugang beanspruchen. Bei einer Übermittlung per Email über das Internet an einen separaten also externen Internetanschluss des Betriebsrates entstünde eine nicht notwendige Sicherheitslücke. Diese braucht der Arbeitgeber nicht hinzunehmen, zumal dem berechtigten Verlangen des Betriebsrats nach einem unkontrollierten Emailverkehr gleichfalls durch eine Vereinbarung entsprochen werden kann. Dem Verlangen des Betriebsrats nach einem uneingeschränkten Internetzugang steht das Interesse des Arbeitgebers entgegen, den Zugriff auf Seiten mit strafbarem und/oder sittenwidrigem Inhalt zu unterbinden. Das berechtigte Interesse, sich über betriebsratsrelevante Themen im Internet zu unterrichten, kann der Betriebsrat durch die Beantragung der Freistellung der von ihm benötigten Seiten erreichen.
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