Betriebsrat muss bei zweifelhaftem Verfügungsanspruch auf die Übernahme von Schulungskosten weitergehenden Verfügungsgrund darlegen
LAG Düsseldorf 5.12.2017, 4 TaBVGa 7/17Die Arbeitgeberin erbringt von ihrem Sitz und rd. 80 Depots aus Postdienstleistungen. Am 8.2.2016 wurde durch rechtskräftigen Beschluss des LAG für zwei Depots in N. ein Wahlvorstand bestellt. Die Arbeitgeberin schloss daraufhin mit der Christlichen Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) einen Tarifvertrag über Betriebsratsstrukturen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BetrVG (Zuordnungs-TV). Im Juli 2016 wählten die Arbeitnehmer der beiden N. Depots einen Betriebsrat bestehend aus 5 Mitgliedern. Die Arbeitgeberin leitete ein Anfechtungsverfahren ein, welches ausgesetzt wurde (ArbG Düsseldorf, 3 Bv 334/16). Am 28.10.2016 wurde auf Grundlage des Zuordnungs-TV ein weiterer, unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gewählt und das Ergebnis bekannt gegeben. Der N. Betriebsrat leitete dagegen ein Anfechtungsverfahren ein. Die Anträge wurden vom Arbeitsgericht zurückgewiesen. (ArbG Düsseldorf 4.5.207, 5 Bv 349/16).
Am 6.10.2017 beschloss der N. Betriebsrat, zwei seiner Mitglieder zu dem Grundlagenseminar Arbeitsrecht I in Köln im Zeitraum 11. Bis 15.12.2017 zu entsenden. Die Arbeitgeberin erklärte sich aus ausschließlich zur Übernahme der Kosten für das Seminar in Köln bereit und lehnte die Übernahme von Übernachtungskosten ab. Der Betriebsrat beantragte daher im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn von den anfallenden Kosten des Seminars einschließlich der Übernachtungskosten freizustellen.
Das Arbeitsgericht wies die Anträge als unzulässig wegen fehlender Antragsbefugnis zurück. Jedenfalls hätte der Betriebsrat aber keinen ihm zustehenden Verfügungsanspruch. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem LAG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Im vorliegenden Eilverfahren kann ein Verfügungsanspruch des Betriebsrats nicht mit ausreichender Gewissheit festgestellt werden, so dass die damit gebotene Folgenabwägung zu Lasten des Betriebsrats ausfällt.
Eine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Leistung eines Vorschusses an den Betriebsrat würde zu einer vollständigen Befriedigung des Betriebsrats führen. Zwar kann der Erlass einer einstweiligen Verfügung auch auf die endgültige Erfüllung des Anspruchs gerichtet sein. Dazu ist jedoch neben einem Verfügungsanspruch auch ein Verfügungsgrund erforderlich. Ein ausreichender Verfügungsgrund ist nicht bereits deshalb gegeben, weil - wie hier - die Verwirklichung des Anspruchs ansonsten aufgrund des Zeitablaufs unterginge. Dies reicht nur aus, wenn der Anspruch ohne Zweifel besteht. Ansonsten muss ein weitergehender gewichtiger Verfügungsgrund bestehen, der in der Lage ist, die Ungewissheit des Bestehens des Verfügungsanspruchs auszugleichen.
Im vorliegenden Fall ist der Verfügungsanspruch zweifelhaft, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Betriebsrat als Anspruchsinhaber nicht mehr existiert. Seine Amtszeit könnte gem. § 3 Abs. 1 und 4 BetrVG mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats am 28.10.2016 geendet haben. Es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass der Zuordnungs-TV unwirksam ist. Es kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für den Abschluss eines Tarifvertrags i.S.v. § 3 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG fehlen, der Zuordnungs-TV also weder die Bildung von Betriebsräten erleichtert noch einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer gedient hätte. Es spricht viel dafür, dass sie die Bildung erleichtert hat, da ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat zustande kam. Zudem spricht viel dafür, dass der Zuordnungs-TV eine außerturnusmäßige Wahl erlaubt. Er sieht keinen anderen Zeitpunkt für eine Neuwahl vor.
Einen aufgrund der bestehenden Zweifel des Verfügungsanspruchs erforderlichen weitergehenden gewichtigen Verfügungsgrund, über den bloßen Zeitablauf hinaus, hat der Betriebsrat nicht dargetan. Immerhin würde die Arbeitgeberin im Falle eines fehlenden Anspruchs Kosten von rd. 6000 € unwiederbringlich zu Unrecht aufbringen. Im Gegenteil endet die Amtszeit des Betriebsrats ohnehin am 31.5.2018. Zudem ist die Beeinträchtigung des Betriebsrats, aufgrund dessen, dass die Arbeitgeberin lediglich die Übernahme der Übernachtungskosten verweigerte (bei einer Entfernung von ca. 60 km), gering.
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