Betriebsräte können Schulung zum Thema "Burn-out" verlangen
ArbG Essen 30.6.2011, 3 BV 29/11Die Beteiligten streiten über die Erforderlichkeit der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer fünftägigen Schulung zum Thema "Burn-out im Unternehmen". Das Seminar behandelt folgende Themen:
- das Beratungsgespräch mit betroffenen Mitarbeitern,
- Gestaltungsmöglichkeiten des Betriebsrats bei der Senkung von Belastungsfaktoren im Betrieb und
- aktuelle Entwicklungen und Tendenzen zu Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsschutzes in Unternehmen im In- und Ausland.
Die Arbeitgeberin lehnte die Übernahme der Schulungskosten und die bezahlte Freistellung eines Betriebsratsmitglieds mit der Begründung ab, dass sie allen Mitarbeitern bereits eine (externe) telefonische Beratung zum Thema "Burn-out" anbiete. Der Betriebsrat machte dagegen geltend, dass die Betriebsratsmitglieder von Mitarbeitern mehrmals monatlich auf die Thematik angesprochen würden. Daher sei die Schaffung von Fachkompetenz innerhalb des Betriebsrats zum Thema "Burn-out" erforderlich.
Das Arbeitsgericht entsprach dem Antrag des Betriebsrats.
Die Gründe:
Die Arbeitgeberin ist gem. §§ 40 Abs.1, 37 Abs. 6 BetrVG verpflichtet, ein Betriebsratsmitglied für die Teilnahme an der begehrten Schulung freizustellen und auch die Schulungskosten zu tragen.
Die Schulung "Burn-out im Unternehmen" vermittelt Fachwissen in einem Bereich, der zum Aufgabengebiet eines örtlichen Betriebsrats gehört. Dies ergibt sich in erster Linie aus § 87 Abs.1 Nr. 7 BetrVG, wonach der Betriebsrat bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen hat. Ein "Burn-out" stellt zwar keine bestimmte Krankheit dar, aber eine Gefährdungslage, die zu schweren Krankheitsbildern und erheblichen Ausfallzeiten führen kann.
Im Streitfall besteht auch ein ausreichend konkreter Anlass für eine Schulung zu diesem Thema. Denn das Betriebsratsmitglied, in dessen Zuständigkeitsbereich der Gesundheitsschutz fällt, wird nach eigenen Angaben vier- bis fünfmal im Monat auf die Thematik "Burn-out" oder zumindest auf erlebte Überlastungssituationen angesprochen. Er muss sich dann mit den betroffenen Arbeitnehmern auseinandersetzen und prüfen, inwieweit die konkreten Arbeitsbedingungen hierfür verantwortlich sein können.
Der Schulungsbedarf entfällt nicht dadurch, dass die Arbeitgeberin eine telefonische Beratungsstelle zum Thema "Burn-out" eingerichtet hat. Die externen Experten können zwar psychologische Hilfestellungen anbieten. Dies befreit den Betriebsrat aber nicht von seiner kollektivrechtlichen Aufgabe aus § 87 Abs.1 Nr.1 BetrVG, Maßnahmen vorzuschlagen, um Überlastungssituationen zu beseitigen oder gar nicht erst entstehen zu lassen.
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