30.06.2011

Betriebsratsmitglieder müssen sich nicht für jede Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz abmelden

Betriebsratsmitglieder sind zwar grds. verpflichtet, sich beim Arbeitgeber abzumelden, wenn sie an ihrem Arbeitsplatz während der Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben erledigen. Da die Abmeldepflicht dem Arbeitgeber lediglich die Überbrückung des Arbeitsausfalls ermöglichen soll, entfällt sie aber, wenn eine vorübergehende Umorganisation der Arbeitseinteilung nicht ernsthaft in Betracht kommt. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des Einzelfalls.

BAG 29.6.2011, 7 ABR 135/09
Der Sachverhalt:
Die beteiligte Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Unternehmen für mobile Marktforschung rund 220 Mitarbeiter. Sie hatte ihrem Betriebsrat, dessen neun Mitglieder überwiegend in der EDV-Abteilung beschäftigt sind, mitgeteilt, dass sich die Mitglieder nach ihrer Auffassung für jede Betriebsratstätigkeit beim jeweiligen Vorgesetzten ab- und wieder anzumelden hätten.

Der Betriebsrat teilte diese Rechtsauffassung nicht und begehrte im vorliegenden Verfahren die Feststellung, dass seine Mitglieder nicht verpflichtet sind, sich bei Betriebsratstätigkeiten am Arbeitsplatz zuvor beim Arbeitgeber abzumelden. Das Betriebsratsmitglied müsse eigenverantwortlich entscheiden können, ob die wegen der Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz ausgefallene Arbeit nachgeholt werden könne. Vor allem bei kurzen Unterbrechungen der Arbeitstätigkeit sei eine Ab- und Anmeldung weder möglich noch geboten.

Die Arbeitgeberin meinte, ihr Organisationsinteresse, das die Ab- und Anmeldepflicht begründe, bestehe unabhängig davon, ob ein Betriebsratsmitglied den Arbeitsplatz zur Erledigung von Betriebsratstätigkeiten verlasse oder nicht.

Der Feststellungsantrag des Betriebsrats hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der weite und uneingeschränkt gestellte Antrag erfasst auch Fallgestaltungen, in denen er unbegründet ist, so dass die Klage insgesamt abzuweisen war. Eine Abmeldepflicht des Betriebsrats bei Verrichtung von Betriebsratstätigkeiten am Arbeitsplatz lässt sich weder generell verneinen noch bejahen. Sie hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab.

Grundsätzlich sind Betriebsratsmitglieder, die an ihrem Arbeitsplatz während ihrer Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben erledigen, verpflichtet, sich beim Arbeitgeber abzumelden und die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen. Zweck dieser Meldepflicht ist es allerdings, dem Arbeitgeber die Überbrückung des Arbeitsausfalls zu ermöglichen. Daher besteht keine vorherige Meldepflicht in Fällen, in denen eine vorübergehende Umorganisation der Arbeitseinteilung nicht ernsthaft in Betracht kommt.

Maßgeblich sind damit die Umstände des Einzelfalls. Dazu gehören insbesondere

  • die Art der Arbeitsaufgabe des Betriebsratsmitglieds und
  • die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunterbrechung.

Meldet sich das Betriebsratsmitglied nicht vorher ab, ist es zumindest verpflichtet, dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen nachträglich die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum geleisteten Betriebsratstätigkeit mitzuteilen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.
BAG PM Nr. 54 vom 29.6.2011
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