Dauer-Praktikanten haben nicht ohne weiteres Anspruch auf Arbeitslohn
LAG Hamm 17.10.2014, 1 Sa 664/14Die Klägerin besuchte bis 2010 eine Hauptschule. 2012 bewarb sie sich bei dem beklagten Supermarkt um einen Ausbildungsplatz als Verkäuferin, erklärte sich aber auch bereit, zunächst ein Praktikum zu absolvieren. Die Parteien verständigten sich daraufhin auf die Durchführung eines Praktikums.
Der Beklagte schloss mit dem Bildungszentrum des Handels e.V. als Trägerverein einen "Rahmenvertrag zur Ableistung eines Praktikums" und vereinbarte außerdem mit der Klägerin sowie mit dem Trägerverein einen dreiseitigen "Praktikumsvertrag", der vorsah, dass die Klägerin einen Einblick in das Berufsfeld mit seinen Arbeitsbedingungen und Arbeitsanforderungen erhalten sollte und Grundkenntnisse des betreffenden Berufsbildes vermittelt werden. Das Praktikum war zunächst für die Dauer eines Monats befristet, wurde dann aber mehrmals verlängert.
Die Klägerin war insgesamt mehr als acht Monate für den Beklagten tätig. Sie erhielt in diesem Zeitraum von der Bundesagentur für Arbeit eine sog. Berufsausbildungsbeihilfe und vom Trägerverein Zuschüsse für eine Monatskarte für Fahrten im ÖPNV. Im November und Dezember 2012 nahm sie an insgesamt acht Tagen an einem Unterricht des Trägervereins in einer Berufsschule teil.
Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin eine Vergütung von über 1.700 Arbeitsstunden nach Maßgabe des einschlägigen Tarifvertrags. Zur Begründung machte sie geltend, das nicht die Ausbildung, sondern die Arbeitsleistung im Vordergrund gestanden habe. Das Arbeitsgericht Bochum gab der Klage statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von rund 17.300 Euro. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte vor dem LAG Erfolg. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts nach § 612 BGB i.V.m. dem Einzelhandelstarifvertrag NRW. Nach den Gesamtumständen lag tatsächlich noch ein Praktikum und kein Arbeitsverhältnis vor.
Die Klägerin hat zwar jedenfalls teilweise reguläre Arbeitstätigkeiten verrichtet. Dies ist allerdings im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlich geprägten Praktikantenverhältnisses geschehen. Die Klägerin hat als Teilnehmerin einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit das Praktikum absolviert und in dieser Zeit Leistungen der Arbeitsagentur erhalten.