09.11.2015

Die fehlgeschlagene Erwartung einer Erbschaft führt nicht ohne weiteres zu einem Anspruch auf Arbeitslohn

Wer nur deshalb Zeit mit einem Angehörigen verbringt oder Besorgungen für diesen erledigt, weil ihm als Gegenleistung eine Erbschaft versprochen wurde, hat bei Nichtberücksichtigung im Testament nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Arbeitslohn. Das gilt jedenfalls für Leistungen wie "Kaffeeklatsch", "Einladung zu Weihnachten" und "Telefonate", da diese unter allgemeinen moralischen und sittlichen Gesichtspunkten üblicherweise nicht entlohnt oder vergütet werden. Auf die Motivlage des Leistenden kommt es insoweit nicht an.

LAG Rheinland-Pfalz 6.8.2015, 5 Sa 123/15
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist eine Tante des Ehemannes der Klägerin. Im November 2010 hatte sie die Klägerin gemeinsam mit ihrem Mann als Erben eingesetzt. Dieses Testament zerriss sie im Oktober 2013 bei einem Streit über die Erteilung einer Vollmacht.

Daraufhin verlangte die Klägerin von der Beklagten die Vergütung von ca. 350 Arbeitsstunden mit einem Stundensatz von 20 Euro, mithin die Zahlung von 7.000 Euro. Zur Begründung machte sie geltend, sie habe sich ausschließlich wegen der versprochenen Erbschaft um die Beklagte gekümmert; das sei zwischen ihnen auch so abgesprochen gewesen. Zur Substantiierung ihrer Forderung listete sie neben Telefonaten, gemeinsam verbrachten Weihnachtstagen u.Ä. folgende Leistungen auf:

  • 1.11.10, 14:00-16:00 Uhr: Gespräch zum Thema "Hilfe gegen Erbe" (...)
  • 18.11.10, 60 Minuten: Rosen geschnitten
  • 25. bis 27.11.10, 15 Minuten: Kurze Gespräche (...)
  • 26.1.11, 14:00-15:45 Uhr: Kaffeeklatsch
  • 1.3. bis 30.11.11, jeweils mittwochs von 14:00-15:45 Uhr: Besorgungen (...)
  • 2.10.12, 15:00-18:30 Uhr, Geburtstag (Käsekuchen gebacken) (...)
  • (...)

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem LAG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen  Anspruch auf Zahlung von 7.000 Euro. Ein Anspruch aus § 611 BGB scheitert daran, dass die Parteien unstreitig keinen Arbeitsvertrag geschlossen haben, der einen festgelegten Stundenlohn für bestimmte Tätigkeiten der Klägerin vorsah. Ein Anspruch auf Vergütung folgt auch nicht in entsprechender Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB nach den Grundsätzen der von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur der fehlgeschlagenen Vergütungserwartung.

Von dieser Rechtsfigur werden zwar grds. Fallgestaltungen erfasst, in denen jemand in Erwartung künftiger Vermögenszuwendungen - z.B. durch eine Erbeinsetzung - Arbeit leistet, ohne dass diese während des Bestands des Arbeitsverhältnisses überhaupt oder nur deutlich unzureichend vergütet wird. Dabei muss aber u.a. eine objektive Vergütungserwartung i.S.v. § 612 Abs. 1 BGB bestehen.

Diese Voraussetzung ist hier zumindest bei einem Großteil der von der Klägerin aufgeführten Leistungen, wie z.B. "Kaffeeklatsch", "Telefonate" und "kurze Gespräche" nicht erfüllt. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin sich nach eigenen Angaben nur wegen der versprochenen Erbschaft und nicht etwa auch aus sozialen Motiven oder aufgrund verwandtschaftlicher Verbundenheit um die Beklagte gekümmert hat. Denn auf die Motivlage der Klägerin kommt es nicht an. Vielmehr ist ein objektiver Maßstab unter Berücksichtigung der Verkehrssitte anzulegen. Danach werden die oben angeführten Leistungen unter allgemeinen moralischen und sittlichen Gesichtspunkten üblicherweise nicht entlohnt oder vergütet.

Soweit die Klägerin i.Ü. Vergütung wegen regelmäßiger Besorgungen geltend gemacht hat, ist ihr Vortrag zu unsubstantiiert. Selbst für eine Schätzung des Aufwands liegen keine ausreichenden Anknüpfungstatsachen vor.

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