31.08.2017

Dynamik einer Verweisungsklausel bleibt nach Betriebsübergang grds. erhalten - Kein Verstoß gegen EU-Recht

Eine zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich geschlossene Vereinbarung, die eine dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag beinhaltet, verliert ihre Dynamik nicht allein aufgrund eines Betriebsübergangs. § 613a BGB ist insoweit mit dem EU-Recht vereinbar, da mit der Möglichkeit des Abschlusses eines Änderungsvertrags und einer Änderungskündigung sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Betriebserwerber bestehen.

BAG 30.8.2017, 4 AZR 95/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist als Stationshilfe in einem Krankenhaus beschäftigt. In ihrem Arbeitsvertrag wird auf den Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter/-Innen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31.1.1962 (BMT-G II) und die ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge verwiesen. Träger des Krankenhauses war ursprünglich ein Landkreis, der Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) war. 1995 wurde das Krankenhaus privatisiert und seither durch eine GmbH betrieben, die auch tarifgebunden war.

1997 ging der Teil des Betriebs, in dem die Klägerin beschäftigt war, auf die K. FM GmbH i.G. über, die kein KAV-Mitglied war. Die GmbH vereinbarte jedoch mit der Klägerin aufgrund eines Personalüberleitungsvertrags, dass der BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis weiterhin anwendbar ist. In den darauf folgenden sechs Jahren wurde der BMT-G II wie zuvor dynamisch angewandt.

Zu Beginn des Jahres 2008 ging das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte über, die weiterhin die Regelungen des BTM-G II anwandte. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die dynamische Anwendung des TVöD-VKA und des TVÜ-VKA auf ihr Arbeitsverhältnis, da diese den BMT-G II ersetzende Tarifverträge seien. Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Die Gründe:
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die zwischen der Betriebsveräußerin und der Klägerin wirksam geschlossene verbindliche dynamische Bezugnahmeklausel wirkt auch im Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten weiterhin dynamisch fort. Ein Betriebserwerber hat nach deutschem Recht sowohl einvernehmlich durch Änderungsvertrag als auch einseitig durch Änderungskündigung die Möglichkeit, etwaige arbeitsvertraglich geregelte Bedingungen anzupassen. Damit ist den Vorgaben des EuGH an eine EU-Recht-konforme Regelung genügt.

Hintergrund:
Das BAG hatte im Vorfeld der Entscheidung den EuGH um eine Vorabentscheidung zur Vereinbarkeit seiner Auslegung von § 613a Abs. 1 BGB mit dem Unionsrecht ersucht. Der EuGH hatte daraufhin mit Urteil vom 27.4.2017 (C-680/15 und C-681/15) entschieden, dass die RL 2001/23/EG i.V.m. Art 16 GRC einer dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglich geregelten Bezugnahmeklausel im Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegensteht, solange das nationale Recht dem Erwerber Möglichkeiten gibt, diese sowohl einseitig als auch einvernehmlich anpassen zu können.

Linkhinweis:
Für die auf den Webseiten des BAG veröffentlichte Pressemitteilung klicken Sie bitte hier.

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext seiner Entscheidung klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 35/17 vom 30.8.2017
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