09.08.2021

Entlassung eines Justizvollzugsbeamten auf Probe

Ein Justizvollzugsbeamter auf Probe, der einen Häftling absichtlich einer Gefahr von verbalen und körperlichen Übergriffen von Mitgefangenen in einer Haftanstalt aussetzt (hier "Walk of Shame"), kann schon vor Ablauf der regulären Probezeit aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden.

VG Mainz v. 21.7.2021 - 4 L 513/21.MZ
Der Sachverhalt:
Der 35-jährige Antragsteller wurde nach Abschluss der Anwärterzeit im Oktober 2019 als Vollzugsbediensteter einer Justizvollzugsanstalt in Rheinland-Pfalz in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen. Im Frühjahr 2021 schloss der Antragsteller den Flur einer Haftabteilung zur Freizeitnutzung für die Gefangenen auf, während sich eine Sozialarbeiterin in einem Sozialraum noch im Gespräch mit einem unter dem Verdacht des Kindesmissbrauchs stehenden Untersuchungshäftling befand. Nach Beendigung des Gesprächs musste die Sozialarbeiterin diesen Gefangenen zu seinen am anderen Ende des Flures gelegenen Haftraum begleiten, um der Gefahr von Angriffen aus der Freizeitgruppe vorzubeugen. Der Vorfall wurde von der Mitarbeiterin im Nachgang im Abteilungsbüro angesprochen. Der anwesende Antragsteller habe spontan geantwortet: "Das war ich. Das war mit Absicht. The Walk of Shame."

Daraufhin ordnete das Land Rheinland-Pfalz mit sofortiger Wirkung die Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe an. Mit seinem Eilrechtsantrag begehrte der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Entlassungsentscheidung. Das VG lehnte den Eilantrag ab.

Die Gründe:
Ein Beamter auf Probe kann entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt. Es obliegt der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn, ob der Probebeamte nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung voraussichtlich den Anforderungen gerecht wird, die mit einem Beamtenstatus auf Lebenszeit verbunden sind. Davon ausgehend hat der Antragsgegner die Entlassung des Antragstellers ausschlaggebend auf das Geschehen im Frühjahr 2021 stützen dürfen.

Der Antragsteller hat seine Dienstpflichten grob verletzt, indem er den Gefangenen den Freizeitbereich geöffnet hat, während dort noch das Gespräch der Sozialarbeiterin mit einem des Kindesmissbrauchs verdächtigen Gefangenen angedauert hat. Er hat damit - wie er selbst angegeben hat - absichtlich eine Eskalation der Umstände provoziert und den Gefangenen bewusst in die Gefahr von Übergriffen oder zumindest Belästigungen durch andere Gefangene gebracht. Dadurch hat der Antragsteller in schwerwiegender Weise gegen seine Dienstpflichten, die eine Neutralitäts- und Garantenpflicht ggü. allen Gefangenen gleichermaßen umfasst, verstoßen und sich selbst endgültig hinsichtlich einer Eignung als Lebenszeitbeamten disqualifiziert. Sein späterer Vortrag, er habe keine Kenntnis von der Gesprächssituation gehabt, ist angesichts der überzeugenden Darstellung der Ereignisse durch die Sozialarbeiterin nicht glaubhaft.
VG Mainz PM Nr. 13 vom 28.7.2021
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