02.08.2021

Erfolglose Rückforderung einer Corona-Sonderzahlung: Rückzahlungsklausel unwirksam

Eine Regelung in AGB, die eine Rückforderung von freiwilligen Zuwendungen (von über 100,- €) für den Fall ermöglicht, dass der Arbeitnehmer den Betrieb innerhalb von 12 Monaten nach Gewährung der freiwilligen Zuwendung freiwillig verlässt, ist unwirksam.

ArbG Oldenburg v. 25.5.2021 - 6 Ca 141/21
Der Sachverhalt:
Der Arbeitgeber wollte seine im November 2020 an den Kläger ausgezahlte Sonderzahlung i.H.v. 550,- € netto von seinem ehemaligen Angestellten zurückgezahlt bekommen. Zur Begründung berief er sich auf eine Klausel im Arbeitsvertrag, nach der freiwillige Zuwendungen zurückverlangt werden können, wenn der Mitarbeiter innerhalb von 12 Monaten nach Gewährung der freiwilligen Zuwendung auf eigenes Verlangen den Betrieb verlässt, was hier geschehen war.

Das ArbG hielt die Rückzahlungsklausel für unwirksam. Die Berufung wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Rückzahlungsklausel ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die von der Beklagten gewährte Sonderzahlung übersteigt einen Betrag von 100,- €, liegt aber unterhalb einer Monatsvergütung. Nach der Rechtsprechung des BAG, der sich die erkennende Kammer anschließt, benachteiligt eine Rückzahlungsverpflichtung den Vertragspartner i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen, wenn sie in einem solchen Fall eine Bindung über das nachfolgende Quartal hinaus vorsieht (BAG v. 21.5.2003 - 10 AZR 390/02). Im vorliegenden Fall übersteigt die Bindungsdauer mit 12 Monaten die zulässige Bindungsdauer zum Ende des nachfolgenden Quartals nach Zahlung der Sondervergütung erheblich.

Darüber hinaus ist die Rückzahlungsforderung im vorliegenden Fall auch deshalb unbegründet, weil mit der im November 2020 ausgezahlten Sonderzahlung offenbar auch erbrachte Arbeitsleistung honoriert wurde. Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums abhängig gemacht werden.

Dass hier zumindest auch erbrachte Arbeitsleitung honoriert werden sollte, wird aus einem Schreiben des Arbeitgebers deutlich, in dem er darauf hinweist, dass die Sonderzahlung "einmalig steuerfrei in Bezug auf die Corona-​Pandemie" erfolge. Aus Sicht eines objektiven Dritten in der Rolle des Klägers als Erklärungsempfängers ist dies dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte mit der Zahlung der Prämie die besonderen Belastungen des Klägers und seiner Kolleginnen und Kollegen während der Corona-​Pandemie in gewissem Rahmen finanziell ausgleichen und anerkennen will. Daher ist eine Rückzahlungsklausel für diesen Fall insgesamt unzulässig.
Justiz Niedersachsen online
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