Fristlose Kündigung wegen Statuswechsel einer Hebamme von freiberuflicher Tätigkeit zu versicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnis unwirksam
OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.2023 - 17 U 30/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Hebamme. Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus. Die Parteien schlossen einen sog. Begleithebammenvertrag. Demnach erbrachte die Klägerin ihre Leistungen im Rahmen der Geburtshilfe freiberuflich und berechnete sie unmittelbar gegenüber der Patientin.
Die Deutsche Rentenversicherung stufte in einem Clearingverfahren gegenüber einer anderen bei der Beklagten tätigen Hebamme deren Vertragsverhältnis als versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ein. Daraufhin kündigte die Beklagte den Begleithebammenvertrag mit der Klägerin außerordentlich aus wichtigem Grund. Sie verwies darauf, dass Kooperationsgrundlage der freiberufliche Status der Klägerin gewesen sei. Dieser sei nunmehr weggefallen. Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam und begehrt entgangenen Gewinn i.H.v. rd. 26.000 €.
Das LG wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Klägerin die Zulassung der Revision beim BGH begehren.
Die Gründe:
Die außerordentliche Kündigung ist zwar unwirksam. Es war der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung jedenfalls nicht unzumutbar, das Vertragsverhältnis (zunächst) fortzusetzen. Der Bescheid der Rentenversicherung war zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs infolge Widerspruchs der betroffenen Hebamme noch nicht bestandskräftig. Das Risiko, im Falle der Feststellung einer Versicherungspflicht der Klägerin für einen längeren Zeitraum rückwirkend Beitragszahlungen leisten zu müssen, hat die Beklagte zudem selbst verursacht. Sie hätte unmittelbar bei Vertragsschluss mit der Klägerin ein Statusfeststellungsverfahren durchführen lassen können.
Der Klägerin steht aber kein Schadensersatz zu, da sie ihren entgangenen Gewinn nicht schlüssig dargelegt hat. Es ist Aufgabe des selbstständig Tätigen, konkrete Anknüpfungspunkte zur Schätzung darzulegen und nachzuweisen. Die Klägerin hat zwar Verträge mit Schwangeren vorgelegt, die sie infolge der Kündigung nicht mehr erfüllen konnte. Es fehlen aber Darlegungen, was die Klägerin aufgrund der durch Wegfall der Begleitgeburten freigewordenen Betreuungskapazitäten anderweitig erworben hat oder zu erwerben unterlassen hat. Soweit die Klägerin auf Reduzierungen infolge von Corona hingewiesen hat, hätte sie konkret darlegen müssen, in welchem Umfang Hebammenleistungen pandemiebedingt nicht erbracht werden konnten und ihr anderweitiger Erwerb nicht möglich war. Daran fehlt es.
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OLG Frankfurt a.M. PM vom 17.2.2023
Die Klägerin ist Hebamme. Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus. Die Parteien schlossen einen sog. Begleithebammenvertrag. Demnach erbrachte die Klägerin ihre Leistungen im Rahmen der Geburtshilfe freiberuflich und berechnete sie unmittelbar gegenüber der Patientin.
Die Deutsche Rentenversicherung stufte in einem Clearingverfahren gegenüber einer anderen bei der Beklagten tätigen Hebamme deren Vertragsverhältnis als versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ein. Daraufhin kündigte die Beklagte den Begleithebammenvertrag mit der Klägerin außerordentlich aus wichtigem Grund. Sie verwies darauf, dass Kooperationsgrundlage der freiberufliche Status der Klägerin gewesen sei. Dieser sei nunmehr weggefallen. Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam und begehrt entgangenen Gewinn i.H.v. rd. 26.000 €.
Das LG wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Klägerin die Zulassung der Revision beim BGH begehren.
Die Gründe:
Die außerordentliche Kündigung ist zwar unwirksam. Es war der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung jedenfalls nicht unzumutbar, das Vertragsverhältnis (zunächst) fortzusetzen. Der Bescheid der Rentenversicherung war zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs infolge Widerspruchs der betroffenen Hebamme noch nicht bestandskräftig. Das Risiko, im Falle der Feststellung einer Versicherungspflicht der Klägerin für einen längeren Zeitraum rückwirkend Beitragszahlungen leisten zu müssen, hat die Beklagte zudem selbst verursacht. Sie hätte unmittelbar bei Vertragsschluss mit der Klägerin ein Statusfeststellungsverfahren durchführen lassen können.
Der Klägerin steht aber kein Schadensersatz zu, da sie ihren entgangenen Gewinn nicht schlüssig dargelegt hat. Es ist Aufgabe des selbstständig Tätigen, konkrete Anknüpfungspunkte zur Schätzung darzulegen und nachzuweisen. Die Klägerin hat zwar Verträge mit Schwangeren vorgelegt, die sie infolge der Kündigung nicht mehr erfüllen konnte. Es fehlen aber Darlegungen, was die Klägerin aufgrund der durch Wegfall der Begleitgeburten freigewordenen Betreuungskapazitäten anderweitig erworben hat oder zu erwerben unterlassen hat. Soweit die Klägerin auf Reduzierungen infolge von Corona hingewiesen hat, hätte sie konkret darlegen müssen, in welchem Umfang Hebammenleistungen pandemiebedingt nicht erbracht werden konnten und ihr anderweitiger Erwerb nicht möglich war. Daran fehlt es.
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