Geringfügige Manipulation von Zeiterfassungsdaten rechtfertigt keine Kündigung
LAG Schleswig-Holstein 29.3.2011, 2 Sa 533/10Der 58 Jahre alte Kläger ist seit 1978 in der Autowerkstatt der Beklagten als Monteur beschäftigt. Er arbeitet im Leistungslohn, der nach sog. festgelegten Arbeitswerten (AW) pro Stunde abgerechnet wird. Für diese Arbeiten müssen sich die Arbeitnehmer jeweils in ein Zeiterfassungssystem einstempeln. Zwölf Arbeitswerte pro Stunde entsprechen dabei 100 %. Sofern an den Auftragsarbeiten ein Auszubildender mitarbeitet, erhöht sich der AW auf 14 bzw. 16 AW je Stunde.
Am 12.3.2010 wies der Werkstattleiter den Kläger an, einen Ölwechsel an einem Fahrzeug mit neun AW, entsprechend 45 Minuten zu erledigen. Um die Verkleidung des auf der Hebebühne stehenden Autos abschrauben zu können, rief der Kläger einen Auszubildenden hinzu, der die Verkleidung während des Schraubens halten sollte. Diese Hilfestellung dauerte eine Minute. Der Kläger wies den Auszubildenden an, sich für diese kurze Zeit nicht in das Zeiterfassungssystem einzustempeln.
Die Beklagte kündigte dem Kläger wegen dieses Vorfalls fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG Erfolg.
Die Gründe:
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht wirksam gekündigt.
Zwar hat der Kläger Zeiterfassungsdaten manipuliert und kann ein systematischer Missbrauch der Zeiterfassung grds. einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer - wie hier - einen anderen anweist, die Zeiterfassung zu manipulieren, um selbst eine höhere Vergütung zu erzielen.
Das gerügte Verhalten des Klägers am 12.3.2010 stellt aber eine verhältnismäßig geringfügige Verletzung dar, die keine Kündigung rechtfertigt. Schließlich hat der Auszubildende den Kläger nur eine Minute unterstützt. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass der Kläger in der Anhörung erklärt habe, immer so zu verfahren, kann daraus nicht geschlussfolgert werden, dass der Kläger die Auszubildenden stets daran gehindert hat, in den Leistungslohn umzustempeln. Die Beklagte hat zudem keine präzisen Anweisungen zum Einstempeln in die verschiedenen Arbeiten erteilt.