28.10.2014

Gesetzliche Regelung der Tarifeinheit: BMAS stellt konkrete Planung vor

Gibt es in einem Betrieb für eine Berufsgruppe mehrere voneinander abweichende Tarifverträge, kann künftig die Mehrheitsregel zur Anwendung kommt, d.h. es gilt der Tarifvertrag der Gewerkschaft, die im Betrieb die meisten Mitglieder hat. Dies sieht ein Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums für ein "Tarifeinheitsgesetz" vor, der in Kürze in die Ressortabstimmung gehen soll.

Die Kernpunkte der geplanten Neuregelung im Überblick:
  • Neue Mehrheitsregel: Wo in einem Betrieb innerhalb einer Arbeitnehmergruppe Tarifverträge unterschiedlicher Gewerkschaften aufeinanderstoßen und die Beteiligten nicht von sich aus eine einvernehmliche Regelung finden, soll künftig in letzter Konsequenz das Mehrheitsprinzip gelten. Dann soll der Arbeitgeber im Zweifel die Tarifverträge anwenden, die die Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern in dem Betrieb abgeschlossen hat.
  • Beschränkung auf Fälle der Tarifkollision: Die Mehrheitsregel soll nur dort Anwendung finden, wo für ein- und dieselbe Arbeitnehmergruppe mehrere Gewerkschaften zuständig sind, wie aktuell im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn. Gibt es dagegen, wie momentan bei der Lufthansa, keinen Streit zwischen den Gewerkschaften um Zuständigkeiten, wirkt sich die Neuregelung zunächst einmal nicht aus. Denkbar ist allerdings, dass künftig große Gewerkschaften wieder vermehrt für Berufsgruppen mit eigenen kleinen Gewerkschaften streiken (also z.B. verdi für Piloten).
  • Vorrang für einvernehmliche Regelungen: Bei Tarifkollisionen sollen vorrangig die bewährten Verfahren greifen (Bildung von Tarifgemeinschaften, einvernehmliche Festlegung der Zuständigkeiten für unterschiedliche Arbeitnehmergruppen, o.Ä.). Nur in den Fällen, in denen keine Einigung zustande kommt, kann künftig auf Antrag einer Tarifpartei gerichtlich festgestellt werden, welche Gewerkschaft nach dem Mehrheitsprinzip den Vorrang hat.
  • Besondere Rechte für die jeweils unterlegene Gewerkschaft: Die Gewerkschaft, die in einem Betrieb wegen der geringeren Mitgliederzahl nicht zum Zuge kommt, soll etwa einen Anspruch haben, den Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft für ihre eigenen Mitglieder jeweils inhaltsgleich als eigenen Tarifvertrag "nachzuzeichnen". Sie soll außerdem berechtigt sein, dem Arbeitgeber vor einer neuen Tarifrunde ihre tarifpolitischen Ziele vorzutragen.
  • Keine ausdrückliche Regelung zum Streikrecht: Der Referentenentwurf sieht ausdrücklich keine Regelung zu Arbeitskämpfen oder zur Friedenspflicht vor. Auch eine Beschränkung des Streikrechts im Bereich der Daseinsvorsorge ist nicht geplant.
  • Mittelbare Auswirkungen auf das Streikrecht: Hat eine Gewerkschaft in Bezug auf einen bestimmten Betrieb und eine bestimmte Arbeitnehmergruppe weniger Mitglieder im Betrieb als die konkurrierende Gewerkschaft, könnte das allerdings dazu führen, dass Arbeitsgerichte künftig in einen solchem Fall den Streik als unverhältnismäßig beurteilen werden.
  • Rechtstechnische Umsetzung: Die Neuregelungen sollen Bestandteil des Tarifvertragsgesetzes (TVG) werden.
  • Zeitplan: Der Gesetzesentwurf soll am 3.12.2014 im Kabinett verabschiedet werden; das Bundesarbeitsministerium rechnet sodann mit einem Inkrafttreten spätestens im Sommer 2015.
BMAS online, Bundesregierung online und FAZ v. 28.10.2014
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