Katholische Kirche kann bei Austritt eines Mitarbeiters kündigen
BAG 25.4.2013, 2 AZR 579/12Der Kläger war seit 1992 bei dem beklagten katholischen Caritasverband als Sozialpädagoge beschäftigt. Er arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem bis zu zwölfjährige Schulkinder nachmittags betreut werden. Die Religionszugehörigkeit der Kinder ist ohne Bedeutung. Im Rahmen dieser Nachmittagsbetreuung werden auch keine religiösen Inhalte vermittelt.
Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Darüber informierte er den Vorstand der Beklagten. Als Beweggründe für den Austritt nannte er die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die "Piusbruderschaft" und die Karfreitagsliturgie, in der sich eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche offenbare.
Der Beklagte kündigte das - ordentlich unkündbare - Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wegen des Kirchenaustritts außerordentlich mit sozialer Auslauffrist. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
+++ Die Gründe:
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist wirksam. Der Kläger hat durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Aufgrund dessen war es dem Beklagten nicht zumutbar, ihn als Sozialpädagogen weiterzubeschäftigen.
Nach dem kirchlichen Selbstverständnis leistete der Kläger unmittelbar "Dienst am Menschen" und nahm damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Ihm fehlt infolge seines Kirchenaustritts nach dem Glaubensverständnis des Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft.
Zwar hat auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers ein hohes Gewicht. Sie musste aber hier hinter das Selbstbestimmungsrecht des Beklagten zurücktreten. Dieser kann im vorliegenden Fall von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden, im verkündigungsnahen Bereich einen Mitarbeiter weiterzubeschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat.
Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht. Für Sozialpädagogen gibt es zudem auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten.
Der Kläger wird durch die Kündigung auch nicht i.S.d. §§ 1, 7 AGG diskriminiert. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 1 u. 2 AGG gerechtfertigt. Auch eine Vorlage an den EuGH ist nicht erforderlich, da sich angesichts der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit keine entscheidungserhebliche Frage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG stellte.
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