Kein Anspruch auf Sonderurlaub für eine evangelische Religionslehrerin für Teilnahme an Pilgerreise
VG Osnabrück 28.8.2018, 3 B 51/18Die Antragstellerin ist Beamtin des Landes Niedersachsen und Leiterin einer Grundschule. Im Juli 2018 beantragte sie, ihr Sonderurlaub zu bewilligen, um an einer Pilger-Schnupper-Reise Norwegen 2018 vom 10. bis zum 14.9.2018 teilnehmen zu können. Die einzelnen Programmtage beinhalten neben gemeinsamen Mahlzeiten, geistlichen Morgenimpulsen am Fjord oder im Klostergarten, Vorträgen und Gottesdiensten ferner Einführen in das Leben der Heiligen Birgitta und des Heiligen Olav, längere Wanderungen, meditative Einheiten, gemeinsame Gebete, Besichtigungen, aber auch Elemente wie die Einführung in das Bierbrauen mit Verköstigung.
Der Antrag auf Sonderurlaub wurde abgelehnt, da ihm dienstliche Gründe entgegenstünden. Für die Antragstellerin als Schulleiterin sei keine ständige Vertretung in der Schule tätig und sie habe eine Unterrichtverpflichtung von 16 Stunden an den fünf Tagen.
Dagegen erhob die Antragstellerin Klage und suchte Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Sie ist der Ansicht, dass sie auch katholischen Schülern im Rahmen deskonfessionell-kooperativen Religionsunterrichts diesen erteilen müsse und noch 60 Überstunden habe, die zum Ausgleich verwendet werden könnten. Es bestehe ein Vertretungskonzept. Die Unterrichtsversorgung sei daher gewährleistet. Sie beantragte daher, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr zur Teilnahme an der Pilger-Schnupper-Reise Norwegen 2018 Sonderurlaub unter Wegfall der Bezüge zu bewilligen.
Der Antrag hatte vor dem VG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die hier begehrte Vorwegnahme der Hauptsache durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO kommt Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Garantie effektiven Rechtsschutzes nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn das Begehren in der Hauptsache aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes anzustellenden Prüfung erkennbar Erfolg haben wird. Das Nichtergehen der einstweiligen Anordnung müsste für den Antragsteller mit unzumutbaren Nachteilen verbunden sein, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht in der Lage wäre. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es fehlt an den Erfolgsaussichten der Hauptsache. Zudem sind keine unzumutbaren Nachteile für die Antragstellerin erkennbar, wenn sie an der geplanten Pilgerreise nicht teilnehmen könnte. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin gerade an dieser Pilgerreise teilnehmen muss, um ihre Unterrichtskompetenzen fortzuentwickeln.
Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch keinen Anspruch auf Sonderurlaub gem. § 11 Abs. 1 S. 1 SUrlVO, da kein wichtiger Grund für die Gewährung vorliegt und dienstliche Gründe ihrem Begehren entgegenstehen. Zunächst fehlt es schon an einem wichtigen Grund für die Urlaubsgewährung. An die Annahme eines wichtigen Grunds sind hohe Anforderungen zu stellen, da die Regelungen über den Sonderurlaub in sonstigen Fällen sollen lediglich unbillige und außergewöhnliche Härtefälle auffangen. Die Frage des Urlaubs für Aus- und Fortbildungen ist zudem in § 2 Nr. 1 SUrlVO abschließend geregelt. Danach wird Sonderurlaub gewährt, wenn die Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung für die dienstliche Tätigkeit von Nutzen ist. Ein derartiger Nutzen ist im Streitfall bei einer Grundschullehrerin, die die Lehrberechtigung für das Fach Evangelische Religion hat, nicht zu erkennen. Es ist nicht erkennbar, dass eine spirituelle und katholisch geprägte Pilgerreise den evangelischen Religionsunterricht i.S.d. Vorgaben für das allgemein bildende Schulwesen positiv befruchten könnte. Ist die Gewährung von Sonderurlaub schon nicht gem. § 2 Nr. 1 SUrlVO möglich, so kommt aus systematischen Gründen § 11 SUrlVO als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht.
Schließlich stehen dem Antrag auf Sonderurlaub auch dienstliche Gründe entgegen. Die Unterrichtsverpflichtung der Antragstellerin kann bei einem unterstellt bewilligten Sonderurlaub nicht erbracht werden. Unerheblich ist dabei, ob es an der von der Antragstellerin geleiteten Schule eine Vertretungsregelung gibt, denn auch wenn andere Lehrer den Unterricht auffangen würden, so würde diese Mehrarbeitsstunden ansammeln oder stünden in ihrer sonstigen Funktion nicht zur Verfügung. Da die Voraussetzungen für die Gewährung von Sonderurlaub liegen nicht vorliegen, kommt eine Ermessensausübung nicht in Betracht.
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